Westafrika Jänner-März 2005

Teil 8: Senegal

Dienstag, 22. Februar 5

Am Vormittag passieren wir die Grenze zum Senegal. Obwohl wir malischen Zoll, malische Polizei, senegalesischen Zoll und zweimal senegalesische Polizei kontaktieren müssen, geht der Übertritt rasch vonstatten. Das Passavant ist billiger als erwartet (2.500 CFA/3,75 Euro) und acht anstatt der im Reiseführer angegebenen vier Tage gültig. Damit brauchen wir uns keine Eile machen und müssen auch keine Verlängerung in Dakar besorgen. Obwohl die senegalesische Hauptstadt ein geplantes Ziel gewesen wäre, werden wir sie auslassen, denn meine gesundheitliche Verfassung lässt momentan während der Tageshitze eigentlich nur Autofahren zu. Ein Stadtbummel ist echt undenkbar. Ich bin ganzen Tag enorm müde, habe kaum Appetit und muss mich auch zum Trinken zwingen. In einem Dorf besorgen wir uns ein Röhrchen zum Überbrücken des Dieselfilters. Damit fährt sich's viel besser, allerdings wird sich zeigen, wie lange es dauert, bis der Hauptdieselfilter verstopft ist. Vielleicht können wir in St. Louis einen besorgen. Wir nächtigen auf gut halbem Weg dorthin in einem Akazienwald (den man eigentlich wegen der Dornen meiden sollte).

Mittwoch, 23. Februar 5

Unser Reisekilometerzähler hat einen Stand von 10.000 erreicht. In Richard Toll, einer Kleinstadt lassen wir an einer Tankstelle Motoröl und Ölfilter wechseln. Auch wenn zwölf Liter Öl in den Motor reingehen, ist das für hiesige Verhältnisse eine teure Angelegenheit. Ich nütze die Gelegenheit, um in die Montagegrube zu steigen und unser Fahrzeug von unten zu inspizieren. Dabei fällt mir ein Ölaustritt aus dem Getriebe auf. Der Mechaniker öffnet zwei Schrauben und stellt fest: Genug Getriebeöl vorhanden, kein Problem. Beide Reiseführer, die wir studiert haben, warnen vor strengen Polizeikontrollen im Senegal. Daher wollen wir keinesfalls schneller als erlaubt fahren. Nach dem Ölwechsel kaum wieder auf der Straße sagt mir ein Blick auf den Tacho: Kaputt. Ich fahre zurück zur Tankstelle und erkläre dem Mechaniker, dass der Tacho nicht mehr funktioniert, seit er am Auto gearbeitet hat. Er hat auch gleich die Diagnose: problème électronique. Da er für solches nicht zuständig ist, holt er Hilfe und innerhalb von zwei Minuten ist eine Horde Elektroniker am Werk. Nach einer Weile Basteln lässt sich der Wagen nicht mal mehr starten, doch kurz bevor ich einen Anfall kriege, ruft einer von unter dem Auto, er hätte den Fehler gefunden. Er zeigt mir, dass gleich neben der Stelle, wo das Getriebeöl ausgetreten ist, ein Kabel abgerissen ist. Das ist zwar schnell repariert, doch der Mechaniker, der am Getriebe herumgefummelt hat, will's nicht gewesen sein. Zahlen macht Frieden und so zücke ich nochmals meine Geldtasche. Am Nachmittag besuchen wir ein Cyber-Cafe und lesen vom Schneechaos in Europa. Abens erreichen wir in St. Louis die Atlantikküste und machen in unmittelbarer Folge zweimal Bekanntschaft mit der strengen und korrupten Polizei: Die erste Polizeikontrolle ist übergenau (Führerschein, Passavant, Versicherungspapiere, Pannendreieck, Feuerlöscher) aber korrekt, doch der nächste Polizist kaum einen Kilometer später behauptet, ich sei zu schnell gefahren, was ich vehement verneine. Sein Interesse ist nicht Führerschein oder Zulassungsschein, sondern Geldschein. Er verlangt 30 Euro, ist aber nach längerer Diskussion mit 5 Euro zufrieden. Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht standhaft jede Zahlung verweigert habe und nehme mir vor, bei der nächsten derartigen Begegnung dies zu tun. Kurz darauf schlagen wir in der legendären Zebra-Bar unser Lager auf. Das Campement, in dem sich die Westafrikafahrer treffen, wird von einem schweizer Ehepaar betrieben. Einige Gäste, vermutlich solche, die grad aus dem Norden gekommen sind, laufen zwar in kurzen Hosen und T-Shirts herum, doch wir empfinden es bei 21 Grad als sehr kalt hier und ziehen sofort unsere dicken Jacken an. Am Abend gibt es in der Zebra-Bar Warzenschwein Stroganoff, echt lecker!

Donnerstag, 24. Februar 5

Auf unserer Reise hat sich innerhalb von zwei Tagen das Klima stark verändert: Das Thermometer klettert mittags nur mehr wenig über 30 Grad und in der Früh ist es empfindlich kalt. Heute besichtigen wir St. Louis, eine Stadt mit besonderem Flair, die wegen ihrer Lage an der Senegalmündung auch Venedig Afrikas genannt wird: Während der Stadtteil am Festland außer dem schmucken Bahnhof keine Besonderheiten bietet, besticht die Ile St. Louis durch ihre schönen, wenngleich ein wenig vernachlässigten Bauten aus der Kolonialzeit. Und ein Spaziergang durch die Fischerinsel lässt einem einen eindrucksvollen Blick in das Leben der ärmeren Bevölkerung gewinnen, denn hier spielt sich alles auf der Staße ab: Kochen, Essen, Wäschewaschen, Tierhaltung ... Den Nachmittag vertrödeln wir in der Zebrabar; auch wenn hier Preis und Leistung nicht ganz stimmen (vor allem die Mahlzeiten sind überteuert), so ist das doch seit langem wieder der erste Platz, der zum Verweilen einlädt.

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