Westafrika Jänner-März 2005

Teil 10: Marokko

Erst seit wenigen Monaten erreicht man die Grenzstelle zu Marokko auf bester Asphaltstraße und braucht nicht mehr durch vermintes Gebiet irren. Entgegen manchen anderen Berichten verläuft die Grenzpassage korrekt und kostet keine Gebühren. 

Dienstag, 1. März 4

Wir fahren heute etwa 800 Kilometer durch die Westsahara durch wenig abwechslungsreiche Wüstenlandschaften nach Norden. Es geht recht zügig voran, da wenig Verkehr ist und sich die Straße weiterhin in sehr gutem Zustand befindet. Meist verläuft sie nahe der Küste auf einem Hochplateau, das zum breiten Sandstrand hin etwa 50 Meter abbricht. Auch wenn das Thermometer bis 25 Grad klettert, lädt das Meer wegen einer heftigen Brise nicht zum Baden ein. Die Straße ist von unwahrscheinlich vielen Tankstellen gesäumt, um die häufig kleine Dörfer neu errichtet wurden. Viele sind noch nicht bezogen und die Farbe scheint noch nicht trocken zu sein. Die marokkanische Regierung ist bestrebt, hier in der Westsahara Menschen anzusiedeln, auch wenn schwer vorstellbar ist, wovon die Siedler hier leben sollen. Es kann doch nicht jeder Tankwart sein! Die Dieselpreise befinden sich hier übrigens auf dem tiefsten Niveau seit Libyen: knappe 30 Cent pro Liter. Wir sind daher ziemlich leer hier eingereist und werden morgen beim Verlassen der Westsahara jedes nur denkbare Gefäß mit Diesel füllen, denn im restlichen Marokko ist der Preis etwa doppelt so hoch! Wir übernachten kurz nach Laâyoune, einer wunderschönen Stadt, die durch maurische Architektur, einheitliche Farbgebung der Häuser - braun und weiß, sowie seit langem nicht gesehene Sauberkeit besticht.

Mittwoch, 2. März 5

In Tah an der ehemaligen Grenze zwischen der Westsahara und Marokko erinnert ein Stacheldraht symbolisierendes Denkmal an den grünen Marsch, die gewaltlose Annexion der Westsahara. Wir durchfahren zunehmend grüner werdende Landschaften, überqueren einen Ausläufer des Antiatlas und erreichen dabei fast 1.100 Meter Seehöhe. Marokko wird uns zunehmend sympathischer, denn was wir gestern über Laâyoune geschrieben haben, nämlich ansprechende Ortsgestaltung und Sauberkeit, trifft erfreulicherweise auf viele Dörfer und Städte auf der Strecke zu. In Tan-Tan essen wir sehr gut in einem Straßenrestaurant zu Mittag und ein abendlicher Stadtbummel durch die wunderschöne Handelsstadt Tiznit belohnt uns für die bis dahin doch anstrengende Fahrt. Wir schlendern durch die Gassen, sehen uns die unzähligen kleinen und winzigen Läden an, essen in einer Konditorei Kuchen und werden nicht ein einziges Mal aufdringlich angesprochen! Die Menschen sind sehr freundlich, doch leider sprechen viele kein oder noch schlechteres Französisch als wir. Kurz vor Agadir übernachten wir in der Nähe eines Dorfes. Wir bekommen ein Packerl Milch geschenkt und werden eingeladen, zum Waschen, Essen, Schlafen ins nahe gelegene Haus zu kommen. Dankend lehnen wir ab, wir haben schließlich alles "on board" und: Auf Tempur schläft sich's schließlich am besten!

Donnerstag, 3. März 5

Über Agadir geht es über den hohen Atlas nach Marrakesch, eine sehr schöne Strecke, da die Erde die Farbe von rotbraun über violettbraun und zinnoberrot nach hellbraun wechselt und dazwischen sattes Grün für Kontraste sorgt. In einem Bergdorf nehmen wir für wenig Geld ein zweites Frühstück ein und kaufen ein paar Souvenirs. Der Händler will gar kein Geld, will lieber tauschen: Er hätte gern einen Pullover (geben wir aber nicht her, weil es hier in gut 100 Metern Sehhöhe mächtig kalt ist), Schuhe (meine Sahara-Schlapfen, die ich anhab, sind absolut tabu), Musikcassetten (haben wir nicht mit) oder Sardinen in der Dose (haben wir längst aufgegessen). Er ist dann aber auch mit einem Tapezierermesser, zwei Kugelschreibern und einem Probeflascherl Parfum sehr zufrieden. Wir durchfahren nun mehrere fruchtbare Hochebenen, wo gerade Karotten, Meerrettich und Tomaten geerntet werden. In Marrakesch sehen wir uns die Almohaden-Moschee an und machen einen ausgedehnten Spaziergang durch die Medina und die Souks. So ausgiebig, dass wir in den engen, verwinkelten Gassen kurz die Orientierung verlieren. Die Verkäufer sind nicht so aufdringlich, wie wir es vom Norden Tunesiens oder der Südtürkei kennen; wir haben auch nie den Eindruck, dass man von Touristen mehr verlangt als von Einheimischen. Immer wieder gibt es leckere Dinge zu kosten: Bäckereien, Gegrilltes, Weißbrot gefüllt mit Dreieckstreichkäse, einer weichgekochten Kartoffel und Camon-Sauce ... und immer wieder kostet es weniger als wir dachten. Auf dem Gauklerplatz zeigen Tänzer, Musiker, Akrobaten und andere Straßenkünstler ihr Können.

Freitag, 4. März 5

Wir überqueren nochmals, nun nach Süden, den Hohen Atlas. Die Passstraße führt auf 2.225 Meter; es liegt noch mächtig Schnee. Nun glauben wir gerne, dass man in Marokko Schifahren kann. An der Straße werden immer wieder Drusen in allen Farben und andere Mineralien angeboten; an einer Quelle füllen wir unseren Wassertank auf. Nach langer Kurvenfahrt erreichen wir eine Hochebene auf etwa 1.500 Metern, die teils recht fruchtbar - hier blühen die Apfelbäume -, teils aber ganz karg ist. In Ouarzazate sehen wir uns die Atlas Filmstudios an. Hier wurden mehrere Monumentalfilme, deren französische Namen uns allerdings nichts sagen, sowie "Asterix und Cleopatra" gedreht. Die Filmkulissen, die im wesentlichen ja nur aus Holz und Farbe bestehen, sind schon sehr verwittert und zum Teil unansehnlich. Während wir sie besichtigen, durchnässt uns ein kalter Regenschauer. Die weitere Fahrt führt uns durch sehr schöne Ortschaften und Städte mit alten Speicherburgen und wunderschönen Kasbahs. Den Abend müssen wir aufgrund der niedrigen Temperatur (6 Grad) - wir befinden uns noch immer auf 1.500 Meter - im Auto verbringen.

Samstag, 5. März 5

Auch das Frühstück wird im Auto eingenommen, da die Morgentemperatur nur 1 Grad beträgt. Ziel der heutigen Fahrt ist der Erg Chebbi, Marokkos bekanntes Dünengebiet im Südosten an der Grenze zu Algerien. Dort angekommen, machen wir eine eigenartige Erfahrung: Obwohl Dünenfahren ein wunderschönes Erlebnis ist, etwas ganz besonderes, etwas, das an und für sich eine Afrikareise wert ist, und obwohl das so ist, macht es uns heute im Erg Chebbi keinen Spaß, weil wir kein Ziel haben. Auf unseren bisherigen Reisen mussten wir Dünen überqueren, mehrmals über hunderte Kilometer, um an ein Ziel zu kommen, aber hier ist das anders: Einfach ein wenig in den Dünen rumzufahren will eben keinen rechten Spaß machen. Wir fahren daher am Rand des Ergs entlang und erfreuen uns am Anblick des Sandhaufens.

Sonntag, 6. März 5

Nach dem gestrigen letztmaligem Sandspielen schenken wir unserem Toyota eine Autowäsche, was er uns erleichtert dankt: Trotz Überquerung zweier Gebirge fahren wir heute fast 500 Kilometer. Nochmals befahren wir einen Pass im hohen Atlas; es hat in der vorletzten Nacht tief hinunter geschneit. Zu Mittag essen wir in einem Dorf eine Tajine, das traditionelle marokkanische Gericht aus (Ziegen-)Fleisch und Gemüse, das in Tongefäßen gekocht und serviert wird (75 Dirham, etwa 7 Euro für zwei Portionen und drei Getränke). In einem Wald am mittleren Atlas werden wir plötzlich von einer Horde Affen angehalten, die um Futter betteln. Frech springen sie sogar auf das Auto. Kurz darauf erreichen wir die fruchtbare nordmarokkanische Tiefebene, wo alles üppig grünt.

Montag, 7. März 5

Die Abfahrt vom Hafen in Tanger gestaltet sich ein wenig chaotisch und nicht so wie wir es für Ceuta geschildert bekommen haben (du kaufst dir in irgendeinem Büro eine Karte, die kostet überall gleich viel und dann fährst du auf die nächste Fähre, egal welcher Reederei). Noch vor der Hafeneinfahrt werden wir von Schleppern belagert und ich lasse mich von einem in ein nahes Fährbüro bringen. Die Superfast-Fähre nach Tarifa kostet 110 Euro. Uns kommt es aber nicht auf eine halbe Stunde Fahrzeit an und so nehmen wir die normale Fähre um 100 Euro nach Algeciras (bei längerer Strecke gleicher Preis wie nach Tarifa). Der Hinweis des Verkäufers, das Ticket sei für jede der stündlich abfahrenden Schiffe am heutigen Tag gültig, hört sich recht positiv an, bedeutet aber, dass man kein Anrecht auf rasche Beförderung hat, sondern auf eine Fähre verladen wird, wo halt noch Platz ist. Bei der 12 Uhr Fähre haben wir Pech: Als sie voll ist, bleiben außer uns noch zwei andere Fahrzeuge über. Eine Stunde warten ist ja kein Problem, wir essen halt mal zu Mittag. Als die 13-Uhr-Fähre anlegt, schaut einer unser Ticket an und informiert uns, dass dieses nur für Fähren dieser einen Gesellschaft gültig sei und die nächste an einer anderen Pier um 15 Uhr abfahre. Als wir dort ankommen, wartet schon eine Unmenge von LKW dort und wir machen uns Sorgen, ob wir diesmal reinkommen. Es geht sich gerade aus, als vorletztes Fahrzeug können wir einfahren. Ein italienisches Wohnmobil, das schon mit uns in die vorige Fähre wollte, muss noch weiter warten.

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