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Agra und Delhi

Mittwoch, 18. Februar 15, Tag 10/145: Unfall

Die Inder sind Langschläfer, darum ist in der Früh auf den Straßen wenig los, weshalb wir bei Sonnenaufgang abfahren wollen. Doch auch unsere Gastgeber sind Langschläfer, weshalb das Tor des Anwesens noch geschlossen ist. Ich muss erst einen Bediensteten aufwecken, damit wir abfahren können. Heute geht es zügig voran, die Straßen sind relativ gut und es bestehen Chancen, am frühem Nachmittag Agra zu erreichen und noch heute den Taj Mahal ansehen zu können. Doch es kommt anders: Wir haben einen Unfall mit einem Motorrad. Wir befinden uns auf einer Brücke der Autobahn-Umfahrung von Gwalior und es ist ausgesprochen wenig Verkehr. Wir fahren auf dem rechten Fahrstreifen (zur Erinnerung: in Indien herrscht Linksverkehr) und überholen ein Motorrad. Genau in diesem Moment weicht dessen Fahrer wegen eines großen Schlagloches abrupt nach rechts aus. Ich hupe noch, doch schon kracht das Motorrad an unsere linke Fahrzeugseite. Im Rückspiegel sehe ich, wie Fahrer und Beifahrer zu Sturz kommen und wie der Beifahrer mit dem Kopf auf dem Asphalt aufschlägt. Da gibt es Tote, denke ich und halte sofort auf dem Pannenstreifen an. Als ich zurücklaufe, kommt mir der Fahrer wild schimpfend entgegen und redet auf Hindi auf mich ein. Ich kümmere mich nicht um ihn, sondern laufe zum Motorrad, wo der Beifahrer sich eben aufsetzt und sich den Kopf hält. Ich will mir einen Überblick über seine Verletzungen machen, doch der Fahrer hält mich davon ab. So laufe ich weiter zurück, um nachkommenden Verkehr zu warnen. Nach und nach halten immer mehr Fahrzeuge an und bald bin ich von Indern umringt, doch keiner kann Englisch. Der Motorradfahrer will Geld von mir, andere unterstützen ihn in dieser Forderung. Ich wiederhole immer wieder, es soll doch jemand die Ambulance und die Police rufen. Zwischendurch fotografiere ich die Unfallstelle. Schon geben mir zwei Männer zu verstehen, ich soll zahlen, sonst würde man mich von der Brücke werfen und mein Auto in Brand stecken. Ich wiederhole immer wieder, dass ich will, dass die Polizei kommt. Als diese nach über einer halben Stunde eintrifft, hat man den Verletzten auf den Pannenstreifen gelegt, er sieht ziemlich blass aus. Und der Motorradfahrer hinkt nun erheblich. Die beiden Polizisten deeskalieren die Situation, indem jeder einer Unfallpartei zuhört. Es kann zwar keiner der beiden Englisch, aber ich kann den Unfallhergang gut zeigen. Wir werden aufgefordert, auf die Polizeiwache zu fahren und man will uns einen Ortskundigen ins Auto setzen. Das lehne ich ab, wir fahren dem Polizeiauto, einem Pickup, nach, auf dessen Ladefläche unter anderem der Motorradfahrer und der Verletzte mitfahren. Rettungswagen ist keiner gekommen, wir vermuten, es wurde auch keiner gerufen. Auf der Polizeiwache angelangt, ist der Verletzte wieder auf den Beinen und ich darf seine Pupillen untersuchen, was er nur äußerst ungern über sich ergehen lässt. Die Pupillen sind ok. Ein halbwegs gut Englisch sprechender Polizist erklärt mir, dass der Verletzte Forderungen an mich stellt, er sich aber bemühen wird, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen. An Hand einer Skizze erkläre ich noch einmal den Unfallverlauf. Ich betone, wie sehr ich die Sache bedaure, aber auch, dass ich mich nicht schuldig fühle. Dann gibt es ein kurzes Palaver der Polizisten und ich werde mit der Summe konfrontiert, die ich bezahlen soll: Eintausend Rupien. Das sind 14 Euro. Ich bin sofort einverstanden und muss das Geld an den Verletzten bezahlen. Nun werden wir aufgefordert, einander die Hände zu reichen, worauf es heißt: You can go. Es wurden keine Personalien aufgenommen, kein Akt angelegt, kein Bericht geschrieben. Viele Dinge gehen uns auf der Weiterfahrt durch den Kopf, von der medizinischen Notfallversorgung über die Reaktion der Leute, die angehalten haben, bis zu der Frage, wer wohl die Höhe der Wiedergutmachung festgesetzt hat, der Verletzte oder die Polizei? Am Abend erreichen wir Agra, wo wir gerade noch den Sonnenuntergang hinter dem Taj Mahal ansehen können. Später sitzen wir bei einem Bier auf der Dachterrasse eines Restaurants mit tollem Blick auf das schönste Gebäude der Welt. Seit langem wieder hören wir hier die Rufe des Muezzins, die aus einer Vielzahl von Lautsprechern über die Stadt klingen. Km 373/1.571/36.672.

Donnerstag, 19. Februar 15, Tag 11/146: Agra

Kurz nach Sonnenaufgang fahren wir mit einem Tuktuk zum Westeingang des Taj Mahals, wo sich der Besucherandrang zur frühen Stunde noch in Grenzen hält. Schon das Südtor ist eine Sehenswürdigkeit für sich, doch noch ehe man es durchschritten hat, ist man vom Anblick des Taj Mahals sofort ergriffen; kaum mehr kann man seinen Blick abwenden. Ergreifend finden wir auch die tragische Liebesgeschichte, die den Anlass zu seinem Bau gab. Bevor wir das großartige Bauwerk und seine beiden Nebenbauten näher ansehen, bleiben wir auf einer Bank sitzen und lassen den Anblick auf uns wirken. Auf dem Rückweg eine Stunde später sitzen wir wieder da und können uns erst entschließen, zu gehen, als es langsam schwül wird. Wieder mit einem Tuktuk geht es zum Roten Fort, einer riesigen Burganlage auf einem Hügel in der Stadt mit Palästen, Höfen und dem "goldenen" Gefängnis, in dem Shah Jahan, der Erbauer des Taj Mahals jahrelang festgehalten wurde. Der Zerberus bringt uns dann noch zu weiteren Sehenswürdigkeiten der Stadt, der Jama Masjid (N27.182023, E 78.015996), dem Itimad-ud-Daulah-Mausoleum, dem Chini-ka-Rauza-Mausoleum (N27.200840, E 78.034308) und Akbars Mausoleum. Dann geht es zirka 40 Kilometer nach Westen aus der Stadt hinaus nach Fatehpur Sikri, wo sich eine alte Stadt mit riesigem Moscheenhof befindet. Gegen Abend sind wir sehr geschlaucht von den Besichtigungen und von der Hitze. Wir finden ein ansprechendes Hotel, wo wir duschen, abendessen und auf dem Parkplatz übernachten können. Km 57/1629/36.729.

Freitag, 20. Februar 15, Tag 12/147: Delhi

Die 200 Kilometer Fahrt nach Delhi werden gebremst durch schlechte Straße, höllischen Verkehr und durch unser wieder einmal leckes Differentialgetriebe. Es nimmt einige Zeit in Anspruch, bis wir einen Laden finden, der das passende Öl hat und dann eine Werkstatt, die es nachfüllt (ich mag mich nicht in den Staub unters Auto legen). Damit ist das Leck natürlich nicht behoben, wir müssen das Differential wieder einmal neu eindichten lassen. In Süd-Delhi sehen wir uns den Bahai-Tempel an, dessen Aussehen an eine Lotusblüte erinnert. Dann beziehen wir in einem Hotel direkt an einer Metrostation an der dritten Ringstraße Quartier. Obwohl es erst früher Nachmittag ist, sind wir total verschwitzt und müde und nach einer Dusche fallen wir in einen Erschöpfungsschlaf. Als wir aufwachen, ist der Nachmittag schon sehr fortgeschritten, wir fahren aber trotzdem noch mit der Metro ins Stadtzentrum. Die Bahn ist total überfüllt, heiß und stickig bis stinkig. Viele Inder sind aber warm angezogen, sogar mit Anorak und Haube. Für Frauen gibt es eigene Waggons. Wir sehen uns Connaught Place (enttäuschend) und das India Gate an, ein Gedenkmal für die indischen Soldaten, die im 1. Weltkrieg für die Briten gefallen sind. Am Abend wollen wir dann noch in der Hotelbar sitzen und den einen oder anderen Cocktail zu uns nehmen. Doch daraus wird nichts, weil sich die Bar im Restaurant befindet und es da nach Paprika stinkt, wie sich das kein Europäer vorstellen kann. In die Lobby werden keine Getränke serviert um im Garten nur Alkoholfreies. Wir bestellen zwei Soda-Lemon und denken auch noch an einen Imbiss, doch die Wartezeit auf die Speisekarte und dann auf die Getränke lässt uns schnell verschwinden. Ich hole ein paar Kekse aus dem Auto. Leider muss ich feststellen, dass sich ein anderer Autofahrer mit einer Delle am Kotflügel unseres Zerberus verewigt hat. Warum eigentlich tun Dellen, die ein anderer gemacht hat, mehr weh als selbst verursachte? Km 211/1.840/36.940.

Samstag, 21. Februar 15, Tag 13/148: Delhi

Mit U-Bahn, Tuktuk und Fahrradrikscha sehen wir uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an. Der Spaßfaktor ist ob des Verkehrsinfarktes in Old Delhi, der Sinnesprovokation (durch Lärm, Gestank, Schmutz, Armut und Schwüle) und meiner Bauchverstimmung gering, Pflichtübung quasi. Das riesige Rote Fort mit zahlreichen gut erhaltenen Palästchen und Pavillions, davor eine große Ausstellung von Auto-Oldtimern, gegenüber der Digambara-Jain- Hindu-Tempel, für dessen Besichtigung man nicht nur die Schuhe, sondern auch die Socken ausziehen und alles Lederne ablegen muss: Gürtel, Handtasche etc. Die Freitagsmoschee, angeblich die größte Moschee Indiens, schön, aber gar nicht so groß. Beeindruckend dann aber Humayums Mausoleum. Km 0/1.840/36.940.

 

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