Zurück nach Nepal 2

Übersicht 5. Etappe

Weiter nach Agra und Delhi

   Indien   1 Euro = 70 Rupien

Uttar Pradesh

Freitag, 13. Februar 15, Tag 5/140: nach Indien!

Ähnlich auch an der indischen Grenzstation. Der Zöllner, der sich mit dem Carnet plagt, lädt uns auf einen Kaffee ein. Und weil ihm eine Unterschrift auf dem nepalesischen Exportation-Abschnitt fehlt, schickt er uns nochmals zurück zum dortigen Zollbüro. Im Immigration Office dauert es ebenfalls ein Weilchen, weil man dort erst die Computer anwerfen muss. Versicherungsbüro gibt es keines. Es erkundigt sich auch niemand nach einem Satellitentelefon. Nach insgesamt knapp zwei Stunden sind wir abgefertigt, wir müssen allerdings noch eine halbe Stunde (!) vor einem Bahnübergang warten. Nicht zu glauben: Indien beschert uns einen kleinen Kulturschock: Staub, Schmutz, Gestank, Lärm, und überall Menschen. Die 32 Kilometer bis zur Autobahn sind das Übelste, was wir seit langem gefahren sind. Schlagloch an Schlagloch, oft kaum mehr ein Rest von Asphalt erhalten. Was in der Landkarte als Autobahn eingezeichnet ist, entpuppt sich dann als normale Straße, gerade so breit, dass zwei Autos aneinander vorbei kommen. Aber in sehr gutem Zustand. Leider nur wenige Kilometer, dann wieder viele Schlaglöcher. Und nach ein paar weiteren Kilometern ist die Straße nur mehr einspurig asphaltiert, das heißt, bei Gegenverkehr (also fast andauernd) muss immer einer runter vom Asphalt auf das breite, aber stark rüttelnde Bankett, wo man oft noch Fußgänger, Radfahrer und Tiere weghupen muss. Und da scheint es Regeln zu geben: Wenn man hartnäckig auf dem Asphalt bleibt, fahren entgegen kommende einspurige Fahrzeuge und PKW runter, Traktoren, LKW und Busse meist nicht. Ochsengespanne mal so, mal so. Oft gilt auch: Wer die stärkeren Nerven hat, bleibt oben. Einmal haben wir sogar leichten Körperkontakt mit einem entgegen kommenden Dreiradauto, das aber nicht anhält, das scheint einfach an der Tagesordnung zu sein. Dem Zerberus hat's nichts getan. Bei diesen Verhältnissen ist es kein Wunder, dass wir bei sechs Stunden Fahrzeit bis zum Abend heute nur 124 Kilometer zurücklegen. Wenn das so weiter geht, ist Südindien für uns unerreichbar! In Bettiah gelingt es in der fünften oder sechsten Bank, Geld zu wechseln, eine SIM-Karte zu kaufen jedoch nicht, da wir keinen indischen Ausweis vorlegen können. Am Abend sind wir echt geschafft, denn nicht nur die Straßen sind schlecht, es ist auch unvorstellbar viel Verkehr, dazu noch viele Tiere und Menschen, auch viele Kinder, auf der Straße. Bei Sonnenuntergang suchen wir uns einen Nachtplatz in einem teilweise abgeernteten Zuckerrohrfeld. Als wir gerade beim Kochen sind, werden wir von der Polizei aufgefordert, bei einer nahen Farm zu übernachten, hier sei es zu gefährlich. Gekonnt heucheln wir Dankbarkeit und übersiedeln zur Farm. Km 124/337/35.437.

 

Samstag, 14. Februar 15, Tag 6/141: Kushinagar

Auf der einspurig schlecht asphaltierten "Autobahn" geht es weiter. Erschwerend kommt aber dazu, dass es so neblig ist, dass man keine 15 Meter Straße vor dem Auto sieht. Die meisten Fahrzeuge haben zwar zumindest einen funktionierenden Scheinwerfer, aber eben nicht alle, und Ochsenkarren sind sowieso unbeleuchtet. Den unscheinbaren Abzweig zur Brücke über den Narayani hätten wir ohne GPS hundertprozentig übersehen, auch ohne Nebel. Die Straße, nein, eher der Weg ist noch schlechter und es ist schwer zu glauben, dass es hier zur einzigen Brücke über den breiten Fluss weit und breit gehen soll. Sie ist auch auf keiner Landkarte eingezeichnet, ich habe sie in Google Earth gefunden. Der Weg führt durch dutzende Dörfer, in denen die Menschen offensichtlich ein sehr einfaches, quasi bodenständiges Leben führen. Kein Strom, kein Handy(empfang), kaum jemand besitzt ein Fahrrad. Die Menschen leben in und vor allem vor Hütten, wo ein Feuer brennt, Körperpflege betrieben, Wäsche gewaschen und gekocht wird. Daneben gibt es Getreidespeicher, die an jene bei den Dogon erinnern. Die Haustiere sind nicht auf Weide (zwischen den Dörfern gibt es Felder), sondern sind vor den Hütten angebunden und werden gefüttert. Das muss Hinterindien sein. Plötzlich stehen wir vor einem Schranken. An einem Tisch sitzt ein betagter Mann, der offensichtlich Brückenmaut kassiert. Ich steige aus und frage, ob hier die Brücke kommt. Er antwortet, es sei eine Doppelbrücke für zwei Flussarme, und bedankt sich für unser Interesse an der Brücke. Es sei eine Selbstverständlichkeit, von uns Gästen keine Maut zu verlangen. Die Brücken sind neu und in bestem Zustand, anders als der weiter führende Weg. Erst etwa dreißig Kilometer später, als sich auch der Nebel langsam lichtet, treffen wir in Padaura auf eine gute Straße. Hier könnte man erstmals locker hundert fahren, doch die vielen LKW, Busse, Dreiradautos, Rikschas, Motorräder, Fahrräder, Schubkarren, Ochsengespanne und Menschen, die sich alle gleichzeitig in unterschiedlichen Richtungen und Geschwindigkeiten bewegen, machen bei höchster Konzentration und andauerndem Gebrauch der Hupe außerhalb der Ortschaften gerade 70 möglich. Da alle ständig hupen, wird man nicht wahr genommen, wenn man nicht selbst auch reichlich hupt. Kurz vor Mittag erreichen wir Kushinagar, einen bedeutenden buddhistischen Pilgerort. Hier starb 483 v. Chr. Buddha. Ähnlich wie an dessen Geburtsort in Lumbini in Nepal wurden hier Tempel im Stile verschiedener Länder gebaut. Von mehreren einst riesigen, aus Ziegeln gebauten Stupas sind nur mehr Reste erhalten, die aber immerhin die gewaltigen Dimensionen erahnen lassen. Mehrmals lassen sich Inderinnen mit uns fotografieren. Wir sind praktisch eine Sensation. Auf der Weiterfahrt halten wir zum Mittagessen in einem Dorf und sitzen an einem Tisch vor einer Straßenküche, wo wir bald von so vielen Einheimischen umringt sind, die uns beim Essen zusehen, dass der Bus nicht mehr durch kann und der Verkehr zum Erliegen kommt. Das Essen, zuerst sirupsüße Knödel, dann frittiertes Gemüse, kostet samt reichlich Nachschlag und zwei Gläsern Milchtee 120 Rupien, etwa 1,70 Euro. Der Nachmittag ist schwül und vergeht mit anstrengender Fahrerei, denn entweder, wie auf einem längeren Abschnitt vor der Brücke über den Ghaghara, ist die Straße eher ein buckliger Feldweg, wo uns sogar Fahrräder überholen, oder, wo die Straße gut ausgebaut ist, herrscht wieder Chaos und Anarchie auf der Straße. Wir übernachten südlich von Mau direkt an der Fernstraße vor einem Haus. Km 202/538/35.639.

Sonntag, 15. Februar 15, Tag 7/142: Varanasi

Ich habe schlecht geschlafen (Susi nicht), weil ab halb fünf auf der Straße schon wieder wie wild gehupt wird. Über Ghazipur geht es nach Sarnath, dem Ort Buddhas erster Predigt, wo wir uns die Tempel, Stupas und den Bohdi-Baum  ansehen, einen Ableger von einem Ableger jenes Baumes, unter dem Buddha die Erleuchtung fand. Der Baum sieht aus wie ein Baum. Beeindruckend sind aber die vielen Pilger, die ihn besuchen und die Mönche, die um ihn herum sitzen und gelehrt werden. Die paar Kilometer nach Varanasi sind mühsam, weil sich die Straße in einem echt erbarmungswürdigen Zustand befindet. Es wird dort und da gearbeitet: Frauen schleppen Kies in Körben heran und schütten ihn auf die Straße, einige Männer verteilen ihn, eine Straßenwalze fährt darüber. Da wir uns in der in allen Reiseführern als chaotisch beschriebenen Stadt nicht mit dem Auto ins Altstadtgetümmel stürzen wollen, suchen wir uns einen bewachten Parkplatz und mieten ein Tuktuk, das uns ins Zentrum bringt. Selbst für das kleine Gefährt ist oft kaum Platz, der Zerberus hätte keine Chance. Der Fahrer bringt uns durch das Chaos von Tuktuks, Rischkas, Radfahrern, Fußgängern und Kühen und eine unglaubliche Vielzahl von Gerüchen in die Nähe eines der vielen Ghats, so nennt man die Stiegenabgänge und Plattformen am Ufer des Ganges. Das letzte Stück müssen wir zu Fuß gehen, ein Spießrutenlauf zwischen Kühen und deren reichlichen Exkrementen. Mit einem gemieteten Boot unternehmen wir eine Fahrt die Ghats entlang, die uns zeigt, was hier am heiligen Fluss alles geschieht: Menschen vollziehen ein rituelles Bad, andere waschen Wäsche, Kühe stehen im Wasser, Verstorbene werden, geschmückt mit Unmengen von Tagetes, im heiligen Wasser gewaschen und an dafür vorgesehenen Plätzen verbrannt. Und Ströme von Pilgern und Touristen spazieren die Ghats entlangt um zuzusehen. Eine Kapelle spielt. Vielleicht eine Hochzeit. Den Hintergrund der Szene bilden die Gebäude oberhalb der Stufen und Plattformen: Tempel, Paläste, Kolonialbauten, ein buntes Durcheinander. Auf der Rückfahrt zum Auto versucht unser Tuktuk-Fahrer noch, uns in eine Seidenweberei abzuschleppen, doch wir lehnen dankend ab. Leider gelingt es uns auch heute nicht, eine SIM-Karte zu kaufen, sehr viele Läden haben Sonntags geschlossen. Auf einer echten Autobahn fahren wir Richtung Allahabad. Die Autobahn ist aber nicht ohne. Nicht ohne Kreuzungen, nicht ohne Schlaglöcher, Radfahrer, Tuktuks und Gegenverkehr. Das einzige, was sie von einer normalen Straße unterscheidet, sind die Breite und die getrennten Richtungsfahrbahnen, die den meisten Gegenverkehr von uns abhalten. Und die Maut: Einmal müssen wir 115 Rupien (1,65 EUR) Maut bezahlen. Auf diesem Highway sind fallweise sogar 80 km/h möglich, doch man muss ständig abbremsen, weil sich von einer Querstraße reichlich Verkehr reinschiebt, ein Motorradfahrer drei nebeneinander fahrende Radfahrer überholt, von einem Bus Personen abspringen, ein Autofahrer ohne Vorwarnung angehalten hat, um von einem der unzähligen Stände Gemüse zu kaufen oder eine Kuh auf der Überholspur liegt. Wir übernachten auf einem Autobahnparkplatz. Km 198/736/35.837.

Montag, 16. Februar 15, Tag 8/143: Allahabad

Allahabad ist ein Hindu-Pilgerort, weil hier der heilige Fluss Yamuna in den noch heiligeren Ganges mündet. Boote bringen die Pilger zum Sangam, genau jener Stelle, wo sich die beiden Wasser vereinigen. Das ganze Jahr pilgern Hindus hierher, doch sechs Mal im Jahr gibt es Massenbäder mit Riesenansturm. So ein Tag ist morgen. Schon auf der Straße vor Allahabad fallen uns Gruppen von weiß gekleideten Pilgern auf; viele Gläubige haben die Nacht am Ufer in Zelten verbracht. Alle zwölf Jahre gibt es einen noch größeren Ansturm von Badepilgern: 2007 sollen unglaubliche 70 Millionen Menschen gekommen sein. Wir interessieren uns mehr für den im Fort gleich nebenan befindlichen Patalpuri-Tempel. Ohne Schuhe steigen wir in einen Keller, in dem sich in Nischen Altäre und bunte Statuen befinden. Dort und da sitzt ein Priester und malt einem gegen 10 Rupien einen roten oder braunen Punkt auf die Stirn. Das Anand Bhavan (N 25.459382, E 81.859971), ein hübsches zweistöckiges Haus, in dem einst Nehru und Gandhi gelebt haben, ist leider montags geschlossen. Wir spazieren durch das Kushru Bagh, einen Park mit riesigen Bäumen und Palmen, in dem sich vier beeindruckende Mausoleen aus dem 17. Jahrhundert befinden. Auf der Ausfahrt aus der Stadt, die wegen Verkehrsüberlastung eineinhalb Stunden in Anspruch nimmt, kommen wir an einem großen Handyshop vorbei. Hier wird endlich klar, warum das mit dem Erwerb einer SIM-Karte so schwierig ist: Man benötigt außer seinem Reisepass noch die Visitenkarte des Hotels, in dem man wohnt, und in dem (oft erst nach Tagen) angerufen wird, ob das auch stimmt, sowie eine einheimische Kontaktperson. Wir werden uns also alle paar Tage ein Internetcafe suchen müssen. Auf der Autobahn geht es weiter bis Fatehpur, wo wir Richtung Banda abbiegen. Die Straße ist in sehr schlechtem Zustand, weil eine Vielzahl von überladenen LKW Ziegel von -zig Ziegelöfen abholt. Wir finden einen Nachtplatz hinter einem verfallenden Gebäude. Kaum habe ich geduscht, kommt der versammelte Gemeinderat des verstreuten Weilers und weist uns an, vor dem Gebäude, das uns übrigens stolz als die Wedding Hall präsentiert wird, zu parken. Wir werden zum Abendessen eingeladen, aber wir lehnen dankend ab, da Susi bereits zu kochen begonnen hat. Endlich ein ruhiger Nachtplatz! Doch unmittelbar, nachdem wir schlafen gegangen sind, geht ganz in der Nähe total laut indische Discomusik an. Kurz darauf Böllerschüsse. Neben dem Hochzeitspalast steigt eine Fete. Oder heiratet man hier nachts? Schlafen ist unmöglich! Wir entschließen uns, den Platz zu verlassen und müssen mehrere Kilometer weit fahren, bis wir neben der Straße einen trockenen Platz unter großen Laubbäumen finden. Km 230/966/36.067.

Dienstag, 17. Februar 15, Tag 9/144: Khajuraho

Kurz vor Khajuraho führt die Straße in einen Stausee (N24.952058, E 79.909784), wir müssen einige Kilometer zurückfahren bis zu einer unscheinbaren Kreuzung, an der die Umfahrung des Sees abzweigt. Khajurahos Zentrum ist  wegen des Besucheransturmes zum heutigen Feiertag für Autos gesperrt. Bei einem Italiener nehmen wir ein teures Mittagessen ein, doch wir sitzen in einer schattigen Loggia und es gibt WLAN. Dann starten wir die Besichtigung der echt imposanten Tempel. Wegen des Feiertages ist der Eintritt gratis; es gibt ein ziemliches Geschiebe am Eingangstor zum Areal der westlichen Tempel. Die zirka tausend Jahre alten Tempel sind innen und außen beeindruckend mit Sandsteinfiguren verziert, die Szenen aus dem damaligen Jagd-, Kriegs und Liebesleben zeigen. Nicht alles ist da jugendfrei, außerdem ist hier der Beweis zu finden, dass der Silikonbusen keineswegs eine Erfindung unserer Zeit ist. Mit dem Zerberus fahren wir dann noch zu den östlichen Tempeln, die vielleicht nicht ganz so toll, dafür aber alles andere als überlaufen sind. Auf der Weiterfahrt halten wir kurz an einem wie ein Palast aussehendem und malerisch an einem See gelegenen Mausoleum. Gleich nebenan befindet sich ein Hotel, wo wir fragen, ob wir am Parkplatz campieren dürfen. Nicht nur, dass der Besitzer uns das kostenfrei gestattet, er bietet uns sogar alternativ eine kostenlose Übernachtung in einem der Bungalows an. Km 232/1.198/36.299.

     

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