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   Mongolei 1   1.000 Tugrik = 0,41 Euro, Diesel 0,79 Euro.

Mongolisches Altai

Donnerstag, 24. Juli 14, Tag 14/62: Ölgii

Zwischen russischer und mongolischer Grenzstelle sind zirka 30 Kilometer zurückzulegen. Auf mongolischer Seite erfolgt zunächst eine sinnlose Fahrzeugdesinfektion, wofür man 100 Rubel (2 Euro) kassiert. Nach der Passkontrolle wird es spannend: Wird der mongolische Zoll mein Carnet abstempeln? Oder werden hier schon Schwierigkeiten bei der Ausreise in zwei Wochen ohne Auto vorprogrammiert? Ich bin überrascht, denn es scheint keinerlei Problem zu sein, das Auto für eine Weile in der Mongolei stehen zu lassen. Der Zöllner lässt sich zeigen, wo er das Carnet abstempeln muss, und trägt nicht einmal eine Frist ein, bis zu der das Auto wieder aus dem Land muss. Eine Autoversicherung kostet 25 Euro. Alles in allem dauert die Grenzabfertigung an beiden Seiten zweieinviertel Stunden. In der Nähe von Zagaanuur wohnt eine Familie, der wir einen Gruß von Gertrude und Helmut bestellen sollen. Auf Grund der genauen Ortsbeschreibung finden wir die Gruppe von Jurten auf Anhieb. Aber erst die dritte Jurte, die wir aufsuchen, ist die richtige. Der Besuch in einer Jurte ist ein unvergessliches Erlebnis. Es ist erstaunlich, wieviel Platz darin ist. In der Mitte befindet sich der Ofen, linker Hand sind Betten aufgereiht und rechts ist quasi der Wirtschaftsraum; hier hängt auch das Fleisch zum Trocknen. Wir werden in jeder Jurte aufs herzlichste empfangen, es wird reichlich aufgetischt und wir müssen allerlei Eigenartigkeiten essen und trinken. Wir steuern ein paar Bier und Zuckerl für die Kinder bei. Und es kommen immer mehr Leute herein, um uns zu sehen. Obwohl wir einander sprachlich nicht verstehen, haben wir Spaß mit den Leuten. Es ist richtig gemütlich. Beim Abschied, als wir schon im Auto sitzen, werden wir noch nach Wodka gefragt. Ich reiche zwei Schnapsgläser mit Obstler aus dem Fenster, der den Männern die Tränen in die Augen treibt. Bald sind wir in Ölgii, wo wir Geld wechseln und nach langem Suchen die Reiseagentur Blue Wolf Travel finden (N48 57.843 E89 57.936; die haben ihren Standort auf ihrer eigenen Homepage falsch eingezeichnet!), die uns bis morgen die Permits für die grenznahen Altai-Gebiete besorgen soll. Km 148/4.199/21.344.

 

Freitag, 25. Juli 14, Tag 15/63: Altai

Heute Nacht war's irgendwie kalt. Das ist auch kein Wunder. Denn wir haben versehentlich die Hecktüre einen ordentlichen Spalt offen gelassen. Wir holen die Permits ab, die natürlich nicht, wie versprochen, um 10, sondern erst um kurz vor 11 da sind. In der Zwischenzeit tanken wir Wasser. Das teuerste Wasser übrigens, das wir jemals in unseren Zerberus gefüllt haben. Blue Wolf Travel ist schließlich eine Reiseagentur und kein Wohltätigkeitsverein. Und los geht's ins Altai! Da uns keine vernünftigen Landkarten zur Verfügung stehen, habe ich schon zu Hause bei Google Earth Routen gesucht, aber ab Tsagan Ereg Uul war der Verlauf der Wege bis zum Tavan-Bogd-Basislager nicht mehr zu erkennen. Der Tavan-Bogd mit seinen gut viertausend Metern befindet sich im Schnittpunkt der Grenzen zwischen Russland, China und der Mongolei. Wir haben uns vorgenommen, umzudrehen, falls die Orientierung unklar wird oder die Piste zu schlecht. Der Weg führt durch eine grandiose Gebirgslandschaft, es ist überall grün, es gibt kaum schroffe Kanten, sondern es überwiegen weiche Konturen, und schließlich tun sich immer wieder weite Blicke in Täler oder Ebenen auf. Anfangs gibt es ziemlich viel Wellblech und wir kommen nur mühsam voran, doch dann wird der Weg besser und wir erreichen am Abend Tsagan Ereg Uul, wo sich ein Zwei-Mann-Militärposten befindet. Hier wird unser Permit einbehalten und ein neues ausgestellt. Welch Bürokratie! Gelegentlich passieren wir Gruppen von Jurten, oft an Bächen oder an kleinen Seen gelegen. Viele Schafe, Ziegen, Pferde, Kühe und Yaks grasen. Die Tiere sind unbeaufsichtigt auf Weide, oft weit weg von zu Hause, sie kehren aber am Abend selbständig zurück, wo sie gemolken werden. Vereinzelt sehen wir auch Wildtiere, sehr viele Murmeltiere aber auch Erdhörnchen, Reiher, Falken. Unser heutiger Nachtplatz liegt auf 2.540 Metern, nur 9 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Sabine duscht bei 8 Grad, ich kann mich nicht dazu entschließen. Erfreulicher Weise funktioniert unsere Heizung, die ja auf der ersten Etappe reichlich Probleme gemacht hat, einwandfrei. Km 169/4.369/21.513.

Samstag, 26. Juli 14, Tag 16/64: Altai

Sabine ist krank. Sie liegt mit einer schweren Bauchgrippe. Sie besteht aber darauf, dass wir weiterfahren. Bald, etwa 20 Kilometer vor dem Tavan-Bogd-Basislager, erreichen wir wieder einen Kontrollposten, bei dem man uns nicht weiterfahren lassen will, weil wir nicht das richtige Permit mithaben. Sie wollen jenes, das die Soldaten gestern Abend einbehalten haben. Da es außerdem nach einem Schlechtwettereinbruch aussieht, ist es vermutlich ohnehin das beste, umzudrehen und nicht zu versuchen, die Leute umzustimmen. Wir fahren ein Stück zurück und legen einen Genesungstag ein. Durch eine Delle am Felgenrand eines Rades pfeift Luft aus. Erfreulicher Weise lässt sich die Delle ganz gut ausklopfen und der Reifen ist wieder dicht. Am Abend fahren wir weiter zurück nach Tsagan Ereg Uul, wo ich die Dienststelle der beiden Soldaten stürme. Ich will mein Permit, denn das brauchen wir vermutlich auf unserer Rundfahrt nochmals. Der Überraschungsangriff gelingt, die beiden sind total perplex und rücken wider Erwarten den Wisch raus. Km 56/4.425/21.569.

Sonntag, 27. Juli 14, Tag 17/65: Altai

Mensch, haben wir heute Nacht gefroren. Die Heizung hat heute nicht funktioniert, völlig unerklärlich, warum nicht. Sabine ist noch nicht ganz fit, weshalb wir den Gedanken, nochmals zum Tavan Bogd hinaufzufahren, rasch verwerfen. Wir fahren zurück nach Hohotol, treffen erstmals auf eine Herde Kamele, queren auf einer Brücke den Sogoo Gol, erklimmen einen wilden Pass und fahren auf einer einsamen Strecke durch wunderschöne Altai-Landschaft mit Blick zum Tavan Bogd nach Zagastnuur. Das breite grüne Tal Richtung Ulankhuus ist stellenweise ein wenig feucht und ich passe höllisch auf, auf dem Trockenen zu bleiben. Doch unter dem Trockenen ist es nass und plötzlich sinkt der Zerberus ein und wir bleiben stecken. Mit Sandblechen und Schaufeln bringen wir das Fahrzeug heraus, doch nach wenigen Metern stecken wir wieder. Wir schaffen es wieder, uns zu befreien, doch dann versinkt das Auto bis zur Bodenplatte. Die Sache sieht ziemlich aussichtslos aus und als nach kurzer Schaufelei die Mücken über uns herfallen, beschließen wir, hier zu übernachten und morgen weiter zu schuften. Auch wenn die Gegend noch so einsam aussieht, man ist nie ganz alleine. Plötzlich kommt ein Auto mit israelischen Touristen. Die legen sich mächtig ins Zeug, schaufeln, legen Steine unter, schieben an, doch der Zerberus bewegt sich keinen Millimeter. Nach mehreren Versuchen entlassen wir die Helfer und übernachten hier in leichter Schräglage und natürlich ohne Heizung. Wir hoffen, dass es nicht regnet. Wenn dann morgen noch viel Wind geht, besteht die Hoffnung, dass wir uns ausgraben. Km 143/4.369/21.712.

Montag, 28. Juli 14, Tag 18/66: Altai

Ausgeschlafen und mit neuem Elan starten wir die Bergung, die durch tausende stechende Mücken erschwert wird. Zudem befinden wir uns in zirka 2.500 Metern Höhe und ich bin nach kleinsten Anstrengungen außer Atem. Zuerst entladen wir unser Auto. Dann heben wir mit dem Wagenheber und einem Abschleppseil abwechselnd das linke und das rechte Hinterrad hoch, füllen den Freiraum mit Steinen und lassen den Wagen wieder nieder, der dann die Steine in den Boden drückt, aber doch einen oder zwei Zentimeter höher steht als zuvor. Das Verfahren wiederholen wir unzählige Male, bis es gegen Mittag endlich gelingt, den Zerberus aus dem Dreck zu fahren. Die Freude ist groß, aber die Erschöpfung nicht minder. Wir sind echt fertig. Als wir gerade beim Einräumen des Autos sind, kommt ein Reiter vorbei, der uns einen trockenen Weg zeigt. Wir folgen ihm, bis er uns anweist, durch einen Fluss zu fahren. Der ist zwar nur kniehoch, aber die Strömung ist stark und wir entscheiden, hier nicht durchzufahren. Der Reiter lässt uns beleidigt stehen. Wir suchen nach weiteren Wegen, landen aber jedes Mal vor Fluss oder Matsch. Wir beschließen, umzudrehen und auf unserer eigenen Spur bis Zagastnuur zurückzufahren, wo auf allen Landkarten die Straße den Fluss quert. Dort muss es also eine Brücke oder eine gute Furt geben. Als wir alle Feuchtgebiete hinter uns haben, machen wir Rast für ein verspätetes Mittagessen und verbringen zwei Stunden mit der Reinigung unserer Ausrüstung und einer kalten Dusche. In Zagastnuur müssen wir feststellen, dass auch hier der Fluss unüberwindlich ist. Also nochmals kehrt: Wir fahren via Hohotol zurück nach Ölgii. Km 129/4.697/21.841.

Dienstag, 29. Juli 14, Tag 19/67: Ölgii

Zu Mittag sind wir wieder in Ölgii, wo wir einkaufen und sehr gut zu Mittag essen. Dann machen wir uns auf Richtung Gobi. Die Fernstraße ist die Hauptverbindung zwischen Ölgii und Ulan Bator. Sie ist auf den ersten zirka 50 Kilometern 1a asphaltiert, dann wechselt der Zustand zwischen guter Piste bis hin zu übler Rumpelpiste, sogar Flüsse sind zu durchfahren. Besonders jene Durchfahrt neben einer fortgespülten Brücke hat es in sich. Vom Tolbo Nuur, einem türkisblauen See bietet sich ein toller Blick auf die Gletscher der an der chinesischen Grenze gelegen Viertausender. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir Khovd. Wir übernachten außerhalb der Stadt mit Blick auf die Lichter der Stadt. Km 291/4.989/22.132.

Mittwoch, 30. Juli 14, Tag 20/68: Khovd

Khovd ist eine moderne Stadt mit mehrstöckigen Wohnhäusern und Glasfassadenbauten. Im Grüngürtel um die Stadt befinden sich zahlreiche Jurten. Nach Khovd gibt es besten Asphalt, der nach 180 Kilometern (1½ Stunden) ohne jede Warnung abrupt endet. Bis am Abend legen wir noch weitere 200 Kilometer auf grober und total nervender Wellblechpiste zurück (7½ Stunden). Ab Mankhan durchfahren wir eintönige Wüstenlandschaft. Ein klein wenig Abwechslung gibt es in Zereg, wo die Häuser in bunten Farben gestrichen sind. In einem sehr einfachen Lokal in Darvi esse ich zu Mittag, Sabine kriegt auf Grund eines Missverständnisses kein Essen (und meine Suppe mit fetten Fleischstücken mag sie nicht). Am Abend muss ich feststellen, dass mein Notebook kaputt ist. Es hat offensichtlich die stundenlange Wellblechrüttelei nicht ausgehalten. Km 393/5.382/22.525.

 

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