Woche 1

Österreich, Deutschland

Samstag, 18. November 6, Tag 1

Schon bei der Abfahrt haben wir zwei kleine Probleme: Erstens hat Susi Halsschmerzen und Husten; ein grippaler Infekt scheint sich anzubahnen. Problem Nummer zwei ist ein Leck im Getriebe unseres Buschtaxis, das die Werkstätte nicht lokalisieren konnte. Wir verlieren zwar nur wenig Öl, aber wir werden es unterwegs wohl im Auge behalten müssen. 

Schweiz

Unsere erste Etappe führt uns bis Zürich, wo wir bei unserer Freundin Karin übernachten dürfen. Hier gibt es schon die erste Sensation der Reise: Karin hat ihre Motorradsammlung um ein Motorrad-Transportmotorrad bereichert. Dabei handelt es sich um eine Beiwagenmaschine, bei der der Aufbau des Beiwagens entfernt und durch eine Ladeplattform ersetzt wurde. Darauf kann dann ein zweites Motorrad befestigt werden und Karin kann ihre Moto-Cross-Maschine ins Gelände transportieren. Km 622/622.

Sonntag, 19. November 6, Tag 2

Bei Nebel und Regen geht es durch die Schweiz;

Frankreich

erst nach Lyon wird es sonnig und wärmer. Susi hält sich mit Aspirin und warmen Getränken halbwegs fit. Gott sei Dank können wir während der Fahrt Tee und Kaffee zubereiten. Nach 1.000 Kilometern Fahrt kontrolliere ich den Getriebeölstand: Er ist ausreichend. Wir bezahlen 75,50 EUR an Autobahnmaut (50 % Zuschlag wegen Fahrzeughöhe über 2 Meter).

Spanien

In der Nähe von Girona übernachten wir in einem Wald. Km 988/1.610.

Montag, 20. November 6, Tag 3

Heute ist es deutlich wärmer, fast noch spätsommerlich. Die Orangenbäume sind teilweise noch voll von Früchten. Es lohnt sich, zwischen Valencia und Alicante die Küstenautobahn A7 zu verlassen und über Almansa zu fahren. Bis auf ein kurzes Stück Schnellstraße fährt man auch hier auf einer Autobahn, die jedoch gebührenfrei ist. Außerdem ist die Strecke abwechslungsreicher (z.B. Sax). In einem Supermarkt in L'Alcudia nahe Valencia ergänzen wir unsere Vorräte und freuen uns über das niedrige Preisniveau. Als wir gegen Abend Malaga erreichen, ist übrigens unser von zu Hause mitgebrachter 30-Wurstsemmerl-Vorrat aufgebraucht. Wir fahren einen Berg am Stadtrand von Fuengirola ein Stück hinauf und übernachten mit wunderbarem Blick auf die Stadt. In der Nacht rüttelt ein orkanartiger Sturm so heftig an unserem Auto, dass wir munter werden und längere Zeit nicht einschlafen können. Diesel in Spanien: ab 0,896 EUR, Maut in Spanien 44 EUR. Km 1.118/2.728.

Dienstag, 21. November 6, Tag 4

Noch am Morgen weht starker Wind, der erst am Vormittag nachlässt. In Algeciras schockt man uns mit dem Fährpreis nach Tanger: 175 Euro soll es kosten. Das ist uns zu teuer und daher suchen wir nach Alternativen. Nach einigem Feilschen in verschiedenen Ticketbüros erstehen wir eine Fahrkarte nach Ceuta mit Balearia um 195 Euro für die Hin- und Retourfahrt (1 Jahr gültig, Rückfahrt "offen"), allerdings müssen wir zwei Stunden auf die Abfahrt warten. Das ist kein Problem: Wir haben es nicht eilig, schließlich sind wir im Urlaub. Tipp: Nicht bis zuletzt dem Wegweiser "Tanger" folgen, denn da landet man direkt am Peer, an dem nur ein Ticketbüro offen hat, sondern zum Hafenhauptgebäude fahren, in dem sich viele Büros finden, die Schlepper abschütteln und dann in den Büros verhandeln. Aufgrund der Erfahrungen vom Vorjahr raten wir auch dringend davon ab, vor dem Hafen, etwa an Autobahnstationen oder Tankstellen, Tickets zu kaufen. Die Überfahrt dauert eine knappe Stunde. In Ceuta halten wir uns außer an einer Tankstelle (Diesel 0,70 EUR) nicht auf. Der Grenzübertritt ist ein wenig chaotisch, die "Helfer" sind kaum abzuschütteln, aber in gut einer halben Stunde sind wir in 

Marokko

Entlang der touristisch stark erschlossenen Küste geht es nach Tetouan, wo wir ins Landesinnere abbiegen und über Chefchaouen den westlichen Ausläufer des Rif-Gebirges überqueren, wo unter anderem Hanf angebaut wird und immer wieder Dealer entlang der Straße Haschisch anbieten. In Ouezzane essen wir in einem Straßenrestaurant zu Abend: Gemüsesuppe und frisches (siehe Foto!) Grillfleisch am Spieß mit gemischtem Salat (51 DH, ca. 5 EUR für uns beide). Das Besteck wird uns in einem Glas Wasser gebracht und muss von uns selbst von den Resten der vorigen Mahlzeit gereinigt werden. Hoffentlich macht ein Schluck Ouzu, mitgebracht aus dem letzten Korfu-Urlaub, diese Hygiene-Sünden wieder gut! Die Gegend südlich des Rif-Gebirges ist dicht besiedelt und ein sichtgeschützter Nachtplatz ist nicht zu finden. Es sind auch noch lange nach Einbruch der Dunkelheit Menschen von den Feldern nach Hause unterwegs. Schließlich übernachten wir auf einem Feld in einiger Entfernung von Häusern. Km 345/3.073.

Mittwoch, 22. November 6, Tag 5

In der Früh nieselt es, weshalb wir uns ein Frühstück erst gegen 9 Uhr gönnen, als es aufklart. Bei dieser Gelegenheit sehe ich wieder nach dem Getriebe: Knapp ein viertel Liter Öl lässt sich nachfüllen. Wir sind bei der gestrigen Nachtplatzsuche in eine schmale Straße eingebogen, der wir ziemlich lange gefolgt sind. Da sie offensichtlich auch nach Fes führt, fahren wir auf ihr weiter. Leider wird sie immer schlechter, teilweise fehlt der Asphalt und tiefe Schlaglöcher machen ein rasches Vorankommen unmöglich. Von einem Hügel nördlich der Stadt, auf dem noch Reste merinidischer Baukunst zu sehen sind, haben wir einen tollen Blick auf Fes. Dann stürzen wir uns ins Getümmel, fahren direkt in die Altstadt. Wir lassen unser Auto an einem bewachten Parkplatz zurück und spazieren durch die Medina. Die Gassen sind eng, verwinkelt und führen entweder bergauf oder bergab. Ein ebenes Stück scheint es nirgends zu geben.

Folgender Geschichte möchte ich voranschicken, dass wir zum 15. Mal in Afrika sind und wissen, dass man nicht jeder Einladung blindlings folgen darf. Mittlerweile haben wir ein gutes Gespür dafür, wer Freund ist und wer nicht. Doch bei Josef wissen wir es bis zum Schluss nicht. Josef ist 20, ein freundlicher Bursch, der uns anspricht, als er gerade nach Hause kommt und das Haustor aufsperrt. Er freut sich, dass er mit jemandem englisch sprechen kann und macht einen so ehrlichen Eindruck, dass wir seiner Einladung folgen, sein Zimmer anzusehen. In seiner winzigen Kammer spielt er uns Bob Marley vor und interessiert sich für unsere Pläne in Fes. Da er heute frei hat, bietet er sich an, uns die Stadt zu zeigen. Doch leider gibt es nicht viel zu sehen: Die Moscheen dürfen wir nicht betreten, der eine Palast ist geschlossen, ein anderer ist halb verfallen, im Berberhaus, in das er uns führt, will man uns allerlei Handwerksprodukte teuer verkaufen, einen Souk kriegen wir nicht zu sehen. Dafür sind wir rasch müde und kriegen Hunger. Josef soll uns zu einem Restaurant bringen, wir wollen ihn zum Essen einladen. Doch Josef will die Einladung nicht annehmen und führt uns zu sich nach Hause, stellt uns seiner Mutter vor, die uns zum Essen einlädt. Das sei gar kein Problem, sie hätten oft Gäste. Es gibt Salat aus geschälten Tomaten, ein Gericht mit Fleischbällchen, Gemüse und Eiern, dazu sehr salzige eingelegte Oliven und Kartoffel-Karottensalat. Danach gibt es eine Pastilla, einen Laib aus etwa 40 hauchdünnen Teigblättern, gefüllt mit Mandeln und Taubenfleisch, das ganze mit Zimt und Staubzucker bestreut. Mandarinen schließen das Mahl ab. Wir bedanken uns überschwänglich und überlegen auf dem Rückweg zum Auto, womit wir uns bedanken können. Geld, meinen wir, könnte beleidigend sein. So fragen wir  Josef, wie wir danke sagen können. Er meint nur: Schukran. So geben wir ihm einen Sack Schokoriegel, zwei Bier, einige Toiletteartikel und für die Mutter ein Parfum. Das nimmt er und zu unserer Verblüffung fordert er nun noch 200 Dirham (20 EUR). Ich sag ihm, er kriegt entweder die Geschenke oder Geld, aber nicht beides, worauf er die Geschenke retourniert und ich ihm 100 Dirham gebe, womit das Essen reichlich bezahlt ist. Josef ist nun nicht der einzige Protestierende, der zurückbleibt. Auch der Parkplatzwächter ist unzufrieden, weil er nicht die geforderten 20, sondern nur die vereinbarten 10 Dirham bekommt. Auf der Weiterfahrt ärgern wir uns noch über uns selbst, dass wir Josef und seine Mutter falsch eingeschätzt haben. Wir meinen, dass die beiden das Spiel mit der Gastfreundschaft, wenn nicht gewerbsmäßig, doch routinemäßig spielen und so nicht schlecht Geld verdienen. Wir fahren noch ein Stück Richtung Süden, queren einen ersten Pass des Mittleren Atlas und schlafen auf einer Hochebene auf 1.700 Metern. Km 255/3.328.

Donnerstag, 23. November 6, Tag 6

Es scheint die Sonne, der Himmel ist wolkenlos bei 7 Grad. Über drei Pässe überqueren wir den Hohen Atlas. Schnee ist nur auf entfernten Bergesgipfeln zu sehen. Aufgrund des schönen Wetters beschließen wir, nicht auf der Asphaltstraße über Marrakesch an die Atlantikküste zu fahren, sondern über Midelt und Errachidia direkt nach Süden nach Erfoud. Von hier soll es eine Piste geben, die, den touristendominierten Ort Merzouga meidend, durch südmarokkanische Wüstenlandschaften zunächst weiter nach Süden an die algerische Grenze und dann ganz knapp entlang dieser nach Westen führt. In Foum-Zguid sollten wir dann eine Asphaltstraße erreichen, auf der wir, weiter in Grenznähe an zur Atlantikküste kommen. Da wir von dieser Piste weder eine Routenbeschreibung noch GPS-Punkte haben, müssen wir uns nach einer älteren Landkarte im Maßstab 1:1.000.000 orientieren. Das wird jedenfalls spannend. Wir tanken nochmals beide Tanks voll (Diesel 7,2 Dirham = 0,72 EUR) und dann geht's los. Eine nähere Beschreibung dieses Abschnitts gibt es HIER. Den Abzweig vom Touristencircuit in Erfoud  finden wir jedenfalls problemlos. Nach nur kurzer Fahrt haben wir erstmals einsame Gefielde erreicht: Nirgends ist ein Mensch zu sehen. Der Verlauf der Piste ist oft nicht klar erkennbar, immer wieder fächert sie sich auf und vielfach zweigen Spuren ab. Um etwa 17 Uhr, kurz vor Sonnenuntergang, schlagen wir ca. 30 Kilometer südlich von Erfoud unser Nachtlager auf. Zunächst studieren wir alle uns zur Verfügung stehenden Landkarten und stellen fest, dass die algerische Grenze in verschiedenen Karten bis zu 20 Kilometer unterschiedlich verzeichnet ist. Wir machen schon Witze, ob man, sollte man irrtümlich die Grenze überschreiten, in marokkanischen oder algerischen Gefängnissen besser untergebracht wäre. Es ist fast windstill und mit 18 Grad noch recht warm. Erstmals stellen wir unsere Campingmöbel auf und zum ersten Mal wird gekocht: Es gibt Grillkotelette mit Gemüse. Nach dem Abwasch sitzen wir bei einem Glas Sangria in absoluter Stille beisammen. Es gibt keine Geräusche, außer vielleicht hin und wieder ein vorbeifliegendes Insekt. Diese Stille gibt es nur in der Wüste. Es ist aber auch absolut dunkel. Kurz zuvor ist der Mond untergegangen und nun ist auf der Erde absolut nichts zu sehen. Über uns der uns schon vertraute nordafrikanische Sternenhimmel: Der große Wagen gerade über dem nördlichen Horizont sichtbar, hoch stehend der Orion, die Milchstraße in einer Klarheit, wie man sie bei uns selten sieht. Km 374/3.702.

Freitag, 24. November 6, Tag 7

Ganzen Vormittag fahren wir durch wunderschöne Wüstengebirgslandschaften. Obwohl viele Pisten vorhanden sind, ist manchmal ist die Orientierung schwierig, weil diese Pisten nicht einer Richtung folgen und schon gar nicht unserer, sondern offenbar durch den Abtransport von Erz aus einer Vielzahl teils aufgelassener kleiner Bergwerke entstanden sind. Einmal landen wir versehentlich bei einer dieser Minen, wo Männer in einer Felsspalte mit Spitzhacke und Schaufel arbeiten. Dann tauchen erste Sanddünen auf und schließlich landen wir zu Mittag in Hassi Remlia, einer kleinen Oase, die auf unserer Karte nur als Brunnen vermerkt ist. Der Ort hat 250 Einwohner und zu unserem Erstaunen gibt es hier ein Restaurant. Während wir auf unser Berberomelettes warten, trinken wir Minztee, essen Erdnüsse und beobachten, wie Frauen und Kinder in angemessener Entfernung Waren zum Verkauf auf den Boden legen. Nach dem Essen (große Portion Omelette in der Tajine, Tee, große Schale Erdnüsse, Brot, Mandarinen 50 DH, ca. 5 EUR) sehen wir das uns Dargebotene an: Tücher, teilweise Made in China, teils durch Stickereien oder Pailetten verschönert, Kamele aus Leder, Puppen aus Karton und Stoff, Schmuck und vieles mehr, aber alles fern vom üblichen Touristenramsch. Wir erstehen ein paar Dinge, machen Scherze mit den Leuten und verabschieden uns herzlich. Von nun an ist der Weg einfach, denn wir sind hier auf "unsere",  von Taouz kommende Piste gestoßen. Nach gut 25 Kilometern kommen wir nach Tafraoute, ein weiterer, noch größerer Ort, der aber in keiner unserer Karten verzeichnet ist. Er ist an einem See, dem Lac Maider, gelegen und es fallen zahlreiche Herbergen auf. Auf unserer Rundfahrt durch den Ort begegnen wir etlichen Landrovern, in denen reiche Amerikanerinnen durch die Gegend kutschiert werden. Der See geht im Süden in eine Sebka-ähnliche Fläche über, auf der er sich überqueren lässt und auf der kurzfristig 100 km/h möglich sind. Dann geht's wieder bedeutend langsamer weiter, so dass wir am Abend dem Atlantik seit gestern nur um 110 Kilometer Luftlinie näher gekommen sind. Es bleiben noch 800. Seit Tagen versuchen wir, auf der Kurzwelle die 19 Uhr-Nachrichten auf Ö1 zu empfangen, doch der Empfang ist so schlecht, dass wir kaum etwas verstehen. Km 183/3.885.

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