Libyen Februar/März 2004

Ghat - Akakusgebirge

Freitag, 5. März 4

Wir erwachen bei eisiger Temperatur: Das Thermometer zeigt 0,8 Grad! Aber es begrüßt uns strahlend blauer Himmel und Windstille. Wir versuchen nochmals, in Al Awaynat Diesel zu bekommen, allerdings ohne Glück. Die Landschaft richtung Ghat ist wunderschön. Links, hinter Sanddünen, begleitet uns das Akakus-Gebirge, rechts das Idinen-Gebirge.

Als ich Jörn informiere, dass sein Wagen schwarz aus dem Auspuff raucht (ganz so schlimm wie auf dem Foto ist es nicht, hier wurde ein wenig digitaler Rauch hinzugefügt), berichtet er, dass er schon seit geraumer Zeit ein komisches Geräusch an seinem Wagen wahrnimmt. Vor der Tankstelle in Ghat stehen viele Autos Schlange, also gibt es auch hier keinen Diesel? Wir haben Glück, denn Diesel ist vorrätig, die vielen Autos warten auf Benzin.

In einer Werkstätte gegenüber der Tankstelle lässt Jörn seinen Galloper in der Hoffnung auf Entqualmung ansehen. Es stellt sich heraus, dass der Motor in großen Schwierigkeiten steckt: Ein Kipphebel ist kaputt. Da ein Ersatzteil nicht verfügbar ist, fertigt der Mechaniker aus einem herumliegenden Ventilschaft ein Ersatzteil.

Während all dieser Arbeiten an Jörns Auto fahren wir anderen in die Stadt um ein wenig einzukaufen und uns Festung und titlestadt anzusehen. Wir erreichen die titlestadt, als gerade das Freitagsgebet zu Ende ist und unzählige Männer aus der Moschee strömen. Wir treffen eine Wienerin, die drei Monate zur Erforschung der "Einflüsse des Staates auf tribale Strukturen am Beispiel der Tuareg" hier ist. Sie kennt viele Leute im Ort, weil sie schon mehrmals hier war. Als wir zur Werkstätte zurückkommen, wird der reparierte Motor gerade zusammengebaut. Nach einem Ölwechsel und einem Probelauf – es raucht nicht mehr – ist die Reparatur fertig. Wie lange wird die Reparatur htitleen, wollen wir vom Mechaniker wissen, aber er antwortet zuerst nur: Inschallah ... dann aber doch: bis Deutschland kein Problem. Obwohl wir wissen, dass jeder Libyer ein Mechaniker ist, sind wir sicher: dieser hier ist ein wahrer Künstler. Im Stadtzentrum versuchen wir nun, einen Führer für die Akakusrundfahrt der nächsten Tage zu bekommen. Es ist klar, dass einer unserer beiden Guides hier in Ghat bleiben muss, da wir keinen Platz für einen dritten Führer haben. S.  meint, das geht nicht, es müssten beide mitfahren und wir müssten htitle einen Führer mit Wagen nehmen. Das lehnen wir aber aus Kostengründen einstimmig und kategorisch ab. Also gehe ich mit T. telefonieren: Wir rufen seinen Chef an, dem ich unmissverständlich klar mache, dass die Mitnahme von drei Führern nicht in Frage kommt. Der Chef willigt ein und gibt T. Anweisung, während der drei Tage in Ghat auf uns zu warten. T. ist ein wenig traurig, denn er war noch nie im Akakus. Als wir wieder zurück bei der Gruppe sind und ich meinen Verhandlungserfolg präsentieren will, hat die Gruppe mittlerweile einen Meinungswandel um 180 Grad vollzogen: Man hat nun einen Führer mit Wagen gefunden, der gar nicht so teuer ist ... Ich drehe beinahe durch. Wenigstens gelingt es mir noch, diesen Meinungsumschwung S. und T. als Geschenk zu verkaufen: Damit auch T. mitfahren kann, scheuen wir keine Kosten und nehmen den Führer mit Wagen. Irgendwie ist der Führer dann aber plötzlich verschwunden und erst die nette Wienerin, die zufällig auftaucht und sich uns als Dolmetscherin zur Verfügung stellt, rettet uns, indem sie den Kontakt zu einem ihr bekannten Führer herstellt. Moussa ist zwar noch ein wenig teuerer als der erste, aber die Wienerin kennt ihn als seriösen Guide. Moussa bringt uns zu einem Campingplatz etwas außerhalb von Ghat (N24 58.190 E10 12.439), wo wir duschen und übernachten können. Heute gehen wir alle ein wenig früher schlafen. Km 138/4.338

Samstag, 6. März 4

Nach einer nicht mehr ganz so ktitleen Nacht stehen wir mit Hundegebell und Hahnengeschrei auf. Da wir erst für neun Uhr mit Moussa verabredet sind, haben wir Zeit, im Auto aufzuräumen und den Wagen zu reinigen. Moussa hat in der Früh noch die Genehmigung für den Naturpark Akakusgebirge besorgt und fährt dann mit uns von Ghat geradewegs nach Süden, bis ganz knapp an die algerische Grenze. Wir umfahren hier das Akakusgebirge an dessen Südende und fahren dann in verzweigten Tälern nach Norden. Im Führerfahrzeug sitzen Moussa, sein Bruder, ein Verwandter, und unsere beiden Guides T. und S. Zu Mittag stellt sich heraus, warum mir Moussa so bekannt vorkam: Wir haben ihn schon einmal getroffen: Er war voriges Jahr dabei als wir in der Nähe von Germa den Unfall hatten. Er ist zwar recht nett und doch ein Schlitzohr: Für den Campingplatz hat er für uns alle zusammen 15 LD verlangt, obwohl das ganz klar inclusive ausgemacht war bei den 400 LD für die 4 Tage-Tour. Wir fahren durch wunderschönes Gelände: Rotbraune Sanddünen grenzen an bizarre Felswände. Es ist echt toll.

Am Nachmittag erreichen wir die berühmte große Düne, die dafür verantwortlich ist, dass man die Akakus-Rundfahrt nur gegen den Uhrzeigersinn machen kann: In der Gegenrichtung ist sie angeblich nicht befahrbar. Sie ist dann aber bei weitem nicht so spektakulär, wie ich nach Lektüre von Göttlers Reiseführer erwartet hätte. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, denke ich, ich hätte die Düne auch in Gegenrichtung bezwingen können und es ärgert mich, dass ich es nicht versucht habe. In der Nähe dieser Düne sehen wir eine Gruppe von Wanderern. Auch wenn eine Wüstenwanderung bestimmt seine Reize haben mag, sind wir froh, dass wir nicht zu Fuß gehen müssen.

Moussa führt uns zu einer idyllisch gelegenen Wasserstelle, die man über eine kleine Schlucht erreicht. Weiter geht die Fahrt, vorbei an bizarren Felsen und durch verschiedenfarbigen Sand. Als wir unser Nachtlager aufschlagen, zieht noch eine große Ziegenherde an uns vorbei. Am Abend sitzen wir beisammen und sehen zu, wie die Tuaregs Brot im Sand backen. Da keine Hefe im Teig ist, schmeckt es ein wenig pappig, aber es ist kein Körnchen Sand auf dem Brot! Km 29/4.367

Sonntag, 7. März 4

Bei wunderbarem Wetter geht es weiter durch das Akakusgebirge. Moussa führt uns immer wieder zu Felsmalereien und Felsgravuren. Leider erfahren wir nichts Näheres darüber. Wir fahren durch wunderbare Landschaft, traumhaft schön. Mehrmals erreichen wir bogenförmige Felsformationen. Und wieder geht es zu Felsgravuren und –malereien. Doch nicht alles ist prähistorisch, manches wurde in der Neuzeit dazugeritzt. Die Versuchung, mit einem Stein etwas dazuzuzeichnen muss für manche Menschen sehr groß sein. Bei einer netten Mittagspause bekommen wir wieder Tee. Moussa hat uns gestern angeboten, unsere Rundfahrt auf fünf Tage auszudehnen, was wir nun dankend ablehnen, da uns vier Tage reichlich erscheinen. Als es dann nach Mittag weitergeht, haben wir den Eindruck, Moussa hat es ganz plötzlich gar nicht mehr eilig. Ob das mit unserer Entscheidung zusammenhängt, ihn nicht noch einen weiteren Tag zu engagieren? Ich mache mit dem Auto einen Ausflug auf eine an eine hohe Felswand angewehte Düne; aus der Ferne erinnert das Susi an einen Käfer, der sich den Berg raufplagt. Bei der Weiterfahrt bemerken wir, dass Jörns Auto wieder raucht. Anscheinend war die Reparatur doch nicht so perfekt, wie wir gehofft haben. Es scheint sinnvoll, den Motor möglichst wenig laufen zu lassen, um weitere Schäden zu vermeiden. Moussa, der das stärkste Auto hat, will Jörn aber nicht abschleppen. Auch wir können Jörn nicht anhängen, da wir keine Anhängevorrichtung haben und ein Anhängen an die Achse die hintere Stoßstange beschädigen würde. Also werden morgen Renate und Norbert Jörns Wagen an ihrem Mitsubishi anhängen und durchs Gelände schleppen. Sobald wir wieder auf Asphtitle sind, will Jörn versuchen, einen Transport bis Tunis zu organisieren. Um die Mandaraseen zu sehen, werden Antje und Jörn sich einen Mietwagen mit Chauffeur nehmen müssen und die geplante Überquerung des Erg Ubari wird für die beiden ausfallen. Wir finden einen Nachtplatz am Rande eines Felsmassivs, wo wir alle Renate und Norberts Dusche benützen dürfen. Jörn fühlt sich ein wenig krank und legt sich bald schlafen. Moussa, seine Begleiter und S. laden T. ab und fahren weg; Moussa erledigt anscheinend wieder allerlei lukrative Nebenaufträge. Schon am Nachmittag hat er einen Kanister Treibstoff geliefert und einen Passagier aufgelesen. Sie kommen lange nicht zurück und es scheint, als fühle sich Ati schon ausgesetzt. Nun ist er jedenfalls sichtlich erleichtert. Am obligaten Lagerfeuer wird wieder Tee gebraut. Kaum ist die Sonne weg, wird es wieder kühl und wir ziehen gerne wieder wärmere Kleidung an. Km 157/4.524

Montag, 8. März 4

Heute schlafen wir ziemlich lange und machen es uns auch nach dem Aufstehen nicht eilig. Wir durchfahren eine bizzarre Landschaft: Felsen ragen wie Finger aus den Dünen. Im Wadi Akakus, wo drei mächtig aufragende Säulen einen Bogen bilden, warten schon Schmuckverkäufer auf Kundschaft. Und die kommt auch in Form mehrerer All-inclusive-Touristen in kurzen Hosen und strahlend weißen T-Shirts. Nach kurzem Verweilen brechen wir wieder auf und erreichen wenig später eine Behausung, bei der wir Jörns Galloper zurücklassen. Vor hier wollen wir in verschiedene Seitentäler einfahren und am Nachmittag wieder zurückkommen. Wieder begegnen wir Fußtouristen. Beim Mittagsstopp unter einem Felsvorsprung belagern uns die Fliegen zu hunderten. Jörns Auto ist Gesprächsthema Nummer eins: Wir werden uns wohl oder übel voneinander trennen müssen, sobald wir wieder Asphtitle unter den Rädern haben. Wir diskutieren ausführlich verschiedene Möglichkeiten, das kaputte Fahrzeug nach Europa zu bringen. Jörn macht eine telefonische Schadensmeldung bei seiner Auto-Reiseversicherung: Er sagt, dass er aus Libyen anruft und einen irreparablen Motorschaden hat. Eine Dame am anderen Ende der Leitung erkundigt sich zunächst nach der Postleitzahl. Jörn erklärt nochmals, dass er sich in Libyen befindet, und ist sich nicht sicher, ob er verstanden wurde. Er buchstabiert: L-I-B-Y-E-N. Da die Dame noch eine Menge weiterer Daten erfragen will, muss Jörn das Telefonat abkürzen. Die Dame bietet sofort einen Rückruf an, was Jörn aber ablehnt, da wir unser Telefon ja nicht andauernd empfangsbereit haben und außerdem ja auch Passivgespräche über Thuraya einiges an Geld kosten. Die Dame meint nun, er soll htitle öfters anrufen und über seine Pläne bezüglich des Autotransports informieren. Jörn antwortet mit einer Engelsgeduld: "Ich kann Sie nicht so oft anrufen, das kostet jedesmal soviel wie eine Stereoanlage. Ich mach ein paar Fotos, damit können Sie eine Werbeaktion machen".

 

Am Nachmittag bringt uns Moussa wieder zu 10.000 Jahre titleen Felsmalereien und Felsgravuren. Immer wieder müssen wir stehen bleiben und die faszinierende Landschaft fotografieren: Auf eine Strecke von etwa einem Kilometer liegen auf einer großen Sandebene, wie ausgestreut, unzählige Steine von etwa fünf bis 40 Zentimetern Durchmesser. Am Abend holen wir Jörns Auto ab und schleppen es noch einige Kilometer zu unserem nächsten Nachtplatz.

Moussa & Co. fahren noch weg um das Abendessen einzukaufen und kommen nach einer halben Stunde mit einer jungen Ziege wieder. Das Tier wird mit geübten Handgriffen geschächtet, ausgezogen und ausgenommen. Es bleibt erstaunlich wenig über. Das macht aber nichts, denn vom Zuschauen ist uns ohnehin der Appetit vergangen. Km 118/4.524

 

 

Dienstag, 9. März 4

Am Vormittag gelangen wir an ein enorm hohes Dünengebirge, das zum Rauffahren einlädt. Wir versuchen zunächst, an der Vorderseite die Dünen hochzufahren, was aber unmöglich ist, da die Steigung zu groß ist. Ein Versuch von der Rückseite ist erfolgreicher. Hier gelingt es, bis auf ca. 50 Meter an den Gipfel heranzufahren. Den Rest gehen wir zu Fuß. Von hier oben bietet sich ein gewtitleiger Ausblick: Susi und die Guides, die unten geblieben sind, erscheinen so winzig, dass man ihr Winken nur erahnen kann. Wieder zurück bei ihnen sind unsere Führer schon ein wenig ungeduldig; obwohl es bei weitem noch nicht Mittag ist, denkt Moussa schon wieder ans Heimfahren. 

Wir fahren weiter nach Norden, wobei Renate und Norbert den Galloper mit Antje und Jörn im Schlepptau haben. Das Gespann fährt teilweise so schnell, dass wir kaum nachkommen. 

 

Unterwegs htitleen wir bei einem Felsen, von dem Susi meint, er sieht aus wie ein stehender Hund, der sich den Bauch hält. In meiner Fantasie taucht beim Betrachten dieses Felsen allerlei auf, nur kein Hund. Zu Mittag möchte Moussa sein Geld haben. Ich meine, T. und S. könnten auch einen kleinen Obolus leisten, aber da stoße ich auf taube Ohren. Am Nachmittag erreichen wir in Al Awaynat wieder Asphtitle und die Schlepperei durchs Gelände hat ein Ende. Wir verabschieden uns von Moussa und seinen Mitfahrern. Jörns Wagen ist total staubig und Jörn von stundenlanger Hochkonzentration sichtlich ermüdet. Jörn organisiert mit S.s Hilfe telefonisch einen LKW, der den Galloper nach Tripolis oder gar an die Grenze bringen wird. Allerdings ist dieser LKW erst ab Sebha verfügbar. Wir nächtigen an der gleichen Stelle wie vor fünf Tagen etwas außerhalb von Awaynat und sind alle ein wenig betrübt, kommt doch morgen der Tag des Abschieds voneinander. Den Abend verbringen wir mit Kartenstudium und Routenbeschreibungen, wollen wir doch übermorgen den Erg Ubari überqueren. Km 94/4.718

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