Rund um Algerien: Große Sahararundreise Jänner-März 2006

Teil 3: Libyen

Samstag, 28. Jänner 6, Tag 6

Die Abfertigung an der libyschen Grenze in Ras Ajdir erfolgt innerhalb von drei Stunden. Wir müssen einen Führer mitnehmen. Er nennt sich Bedu und spricht sehr gut Englisch. Er fährt bei Walter und Josef mit, sein Gepäck transportieren wir. In Zuara wechseln wir Geld (1 EUR = 1,63 LD) und füllen unsere Tanks voll. Diesel kostet 0,14 LD (0,09 EUR). Auch Brot ist sensationell billig: 5 große Baguettes kosten einen viertel Dinar (0,16 EUR). Zwischen Yfren und Az Zintan schlagen wir unser Nachtlager auf. Km 293/2.164.

Sonntag, 29. Jänner 6, Tag 7

In Az Zintan füllen wir nochmals alle verfügbaren Tanks und Kanister, bevor wir entlang der Pipeline geradewegs nach Süden fahren. Wir wollen auf der Route A13c (Göttler) die Hamada al Hamrah und anschließend den Erg Ubari überqueren, insgesamt an die 1.000 Kilometer ohne Versorgungsmöglichkeiten. Leider ist die Piste nur in mäßigem Zustand und auch landschaftlich bietet die Gegend nördlich der Verbindung Darj-Garyat außer einem beachtlichen Geländeabbruch nichts. Der Toyota von Walter und Josef möchte aber doch ein wenig verweilen, was er durch zwei Reifenpannen zum Ausdruck bringt. Die Abendbeschäftigung besteht aus Reifenflicken. Der einsetzende kurze Regen macht die ohnehin niedrige Temperatur noch unangenehmer. Km 194/2.358.

Montag, 30. Jänner 6, Tag 8

In der Nacht hat es stark geregnet, in den Zelten steht das Wasser zentimeterhoch. Schlafsäcke und Decken sind patschnass. Mitten in der Wüste haben sich zahlreiche Seen gebildet, auf der Piste sind schlammige Passagen entstanden und schon bleibt ein Toyo stecken. Zu Mittag machen wir eine Pause zum Trocknen der nassen Sachen. Nach öder Fahrt über die schier unendliche Ebene der Hamada erreichen wir am Abend den Abbruch bei Awaynat Win, an dessen Fuß wir lagern. Ein Lagerfeuer macht die eisige Temperatur erträglich. Km 263/2.622.

Dienstag, 31. Jänner 6, Tag 9

Diese Nacht hat es zwar nicht geregnet, doch während des Frühstücks braut sich ein Gewitter mit schwarzgrauen Wolken und Donner zusammen. Wir schaffen es nicht mehr ganz, vor dem Regen alle unsere Sachen trocken in die Fahrzeuge zu bringen. Unser heutiges erstes Ziel ist die nahe gelegene Polizeistation Awaynat Win, wo ich vor einem Jahr einen schwerkranken Polizisten behandelt habe. Wir hoffen, zu erfahren, was aus ihm geworden ist. Ich hege die Befürchtung, dass er trotz meiner damaligen Hilfe verstorben sein könnte. Doch wir hören von seinen Kollegen, dass er wieder ganz gesund geworden ist und noch immer Dienst an dieser Station macht. Zur Zeit ist er gerade auf Heimurlaub. Auf der Weiterfahrt zum Brunnen Hassi el Hassi ist es nebelig und der Wind wird stärker. Während unseres Aufenthaltes am Brunnen bemerken wir einen Mantelbruch an Walter und Josefs Toyota: Der dritte Reifen ist also kaputt. Langsam gehen den beiden die Reserveräder aus. Während wir die Räder wechseln, entwickelt sich aus dem Wind ein Sandsturm, der nur deshalb nicht so verheerend wie im letzten Jahr ist, weil es nur knapp über 10 Grad hat. Weil das halt nicht das ideale Wetter für Dünenüberquerungen ist, beschließen wir, anstatt entlang der Pipeline weiterhin geradewegs nach Süden, von hier nach Idri zu fahren. Hier können vielleicht auch Reifen repariert oder gekauft werden. Der Boden ist noch immer feucht und wir hinterlassen tiefe Spuren. Vielfach ist die Sicht durch den Sandsturm stark beeinträchtigt. Wir erreichen Idri am Abend und Walter und Josef können tatsächlich einen Reifen reparieren lassen, sowie einen weiteren gebraucht erstehen. Wir nächtigen in einem netten Palmengarten etwas außerhalb des Ortes. Km 173/2.794.

 

Mittwoch, 1. Februar 6, Tag 10

In der Früh versuchen wir unser Glück im Internetcafe von Idri, doch es hat um 9 Uhr, so wie die meisten Läden der Stadt, noch geschlossen. Da sich das Wetter gebessert hat, wollen wir den Erg Ubari von Berghen nach Terkiba überqueren, an jener Stelle, wo wir voriges Jahr gescheitert sind. Die ersten 30 Kilometer sind steinig und problemlos befahrbar, doch danach beginnt der Sand und nun macht sich auch der Wind wieder unangenehm bemerkbar. Nachdem wir das Wadi Zellaf passiert haben, werden die Dünen höher und türmen sich zu riesigen Gebirgen auf. Oftmals liegen die Täler dazwischen nicht in unserer Zielrichtung und so müssen immer wieder hohe Dünen überquert werden. Mehrmals erweist sich ein eingeschlagener Weg als Sackgasse und wir müssen wieder ein Stück zurück. Als es dämmert, schlagen wir unser Lager inmitten der Dünen auf. Ob wir es morgen bis Terkiba schaffen werden? Dort würde ein Campingplatz mit Duschen auf uns warten. Km 166/2.960.

 

Donnerstag, 2. Februar 6, Tag 11

Ganz in der Früh ist der Sand feucht und wir wanden in einem weichen Feld ganz kapital ein. Ganzen Tag geht es weiter zwischen und über Dünen. Am Nachmittag erreichen wir den ersten der inmitten der Sanddünen gelegenen Mandara-Seen, den wenig bekannten Um el Hassan. Hier genießen wir ein verspätetes Mittagessen und fahren dann ohne große Orientierungsprobleme weiter zum Um el Ma und schließlich zum Mandarasee. Als wir spät am Abend den Campingplatz in Terkiba erreichen, zeigt der Tageskilometerzähler 75 km an. Ursprünglich wollten wir uns heute Vormittag in Ubari den Dreieckstempel holen, den wir innerhalb von 7 Tagen nach der Einreise in Libyen im Pass haben müssen, doch durch den Sandsturm haben wir einen Tag Verspätung und morgen, Freitag, ist das Office geschlossen. Wir beschließen daher, den Stempel am Samstag von einem Angestellten des Campingplatzes besorgen zu lassen und einen zweitägigen Ausflug ins Wadi Mathendous zu machen. Km 75/3.036.

 

Freitag, 3. Februar 6, Tag 12

Da wir nicht wissen, ob für das Wadi Mathendous noch eine Bewilligung erforderlich ist, und wir ohnehin nicht auf dem gleichen Weg hin und zurück fahren möchten, fahren wir auf der Asphaltstraße Richtung Serdeles und zweigen dann (N26 05.420 E11 31.950) auf eine Piste nach Süden ab. Der vierte Patschen an Walter und Josefs Wagen regt schon keinen mehr auf, Reifenwechseln ist nun schon Routine. Die bei Göttler beschriebene Kreuzung "Trois Chemins" (N25 47.842 E11 43.653) ist bei genauer Betrachtung eine Kreuzung von zumindest fünf Wegen und wir haben daher ziemliche Orientierungsschwierigkeiten. Wer so wie wir zum Garamantischen Apollon möchte, nimmt den steilen Weg auf die Anhöhe hinauf. Hier gibt es zwei Wege, wobei der genau in unsere gewünschte Richtung (60 Grad) führende abgesperrt ist, der andere nicht. Wir wählen leider den nicht versperrten, von dem gelegentlich wieder gesperrte Wege abzweigen, die allesamt besser passen würden. Als irgendwann die von uns gewählte Piste in eine ganz unpassende Richtung dreht, nehmen wir einen abgesperrten Weg und erreichen nach einiger Zeit jenen Weg, der von der Anhöhe mit 60 Grad Peilung wegführt. Auf dieser Piste erreichen wir nach stundenlanger Rumpelei bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h das Wadi, in dem Göttler prähistorische Felsgravuren beschreibt. Da leider die Kilometerangaben nicht stimmen, suchen wir zunächst an falscher Stelle und erst nach längerer Suche finden wir auch wirklich einige Gravuren an den Felswänden: Von N25 51.806 E11 51.299 ca. 200 Meter wadiauf- und abwärts. Die Bilder sind ca. 4- bis 5.000 Jahre title und zeigen Tiere, die es damals hier gegeben hat: Elefanten, Giraffen, Antilopen. Weitere stundenlange Rüttelei über schier endlose Steinebenen führt uns zum Garamantischen Apollon, einer von Heinrich Barth entdeckten Felsgravur, die zwei jagende Figuren zeigt. Die unscheinbare Gravur ist nicht gleich zu entdecken. Sie befindet sich nicht an einer Wand, sondern auf dem Boden. Km 279/3.315.

 

Samstag, 4. Februar 6, Tag 13

Was für ein Tag! Um es gleich vorwegzunehmen: Heute sind wir ganzen Tag unterwegs und legen nur 55 Kilometer zurück, die gemessene Luftlinie beträgt gar nur 26 Kilometer! Wie ist das möglich? Zunächst einmal erwischen wir eine Piste, die zuerst in unsere gewünschte Richtung führt, dann aber dreht und uns einen großen Umweg beschert. Eine Fahrt abseits der Pisten ist hier völlig unmöglich, da das Gelände mit großen Steinen übersät ist. Auf der Piste selbst ist auch nur langsamstes Vorankommen möglich, maximal 10 bis 12 km/h. Ein sandiges Wadi ist nur mühsam zu queren. Eine neuerliche Reifenpanne erfordert es, dass wir den Schlauch eines Reifens auswechseln, doch auch dann entweicht noch immer Luft. Regelmäßige Stopps zum Lufteinblasen sind nötig. Als wir dann endlich ins Wadi In Habeter kommen und den mühevollen steilen Abstieg ins Tal hinter uns haben, belohnen uns sehr schöne Felsgravuren. Dann allerdings müssen wir erkennen, dass der zu querende ausgetrocknete Flusslauf auf ca. zehn Metern Länge von Felsbrocken blockiert ist. Nur kurz versuchen wir, einzelne Felsstücke aus dem Weg zu räumen, dann ist klar: Das ist nicht zu schaffen. Also zurück auf die zum Wadi parallel verlaufende Rumpelpiste und weiter Richtung Osten in der Hoffnung, dass es eine weitere Möglichkeit zur Querung gibt. Und wirklich, bald geht es nochmals steil hinunter. Auch hier liegen sehr große Steine im Wadi, dazwischen unangenehmer grober Weichsand. Wenn's hier nicht klappt, dann haben wir echt ein Problem, denn im Gegensatz zur vorigen Stelle führt hier die Piste außerhalb des Wadis nicht mehr weiter. Also entweder hier durch oder eineinhalb Tage mit 10 bis 12 km/h zurück! Unser Landcruiser versucht es zuerst und schafft es! Auch der andere Toyota kommt gut durch. Nur beim Suzuki müssen wir ein wenig mit Schieben und Sandblechen nachhelfen, dann ist es geschafft! Nun führt die geschobene Piste noch durch mehrere Seitenwadis, wobei sehr steile Ab- und Auffahrten zu passieren sind. Und schließlich rumpeln wir noch bis ins Wadi Mathendous, das wir kurz nach Sonnenuntergang erreichen. Obwohl wir alle geschafft und genervt sind, wird es noch ein netter Abend. Einer der Wächter des Weltkulturerbes macht uns Tee nach Tuareg-Art, dazu klingt (erstmals) Rockmusik und "I wü ham nach Fürstenfeld" aus Wolfgang und Josefs Toyo. Km 55/3.370.

Sonntag, 5. Februar 6, Tag 14

In der Morgensonne besichtigen wir die berühmten prähistorischen Felsgravuren des Wadi Mathendous. An den Felswänden tummeln sich jahrtausendealte Giraffen, Elefanten und Antilopen. Daneben finden wir Jagdszenen, ein Krokodil und Strauße. Bei der Ausfahrt bezahlen wir die Besichtigungsgebühr in Höhe von 3 LD (1,8 EUR) pro Person und die Fotoerlaubnis von 5 LD (3,1 EUR). Nach wenigen Kilometern lassen wir endlich die weiten Steinfelder hinter uns und es ist nach Tagen erstmals wieder möglich, auf den dritten, ja auf den vierten Gang zu schalten. Nach wie vor machen wir regelmäßige Pausen zum Luft einpumpen. Am späten Nachmittag erreichen wir dann Germa, wo wir, während alle defekten Reifen repariert werden, einen Ölwechsel an unserem Fahrzeug machen lassen. 12 Liter Öl kosten 31,5 LD (19,7 EUR), die Arbeit 2 LD (1,25 EUR). Wir übernachten noch einmal am Campingplatz in Terkiba. Km 179/3.549.

Montag, 6. Februar 6, Tag 15

Heute ist früh Tagwache, denn wir haben einen weiten Weg vor uns. Zügig geht es auf guter Asphaltstraße über Murzuk, wo wir uns (wieder einmal) die Festung ansehen, und Traghan nach Um El Aranib, von wo geradewegs nach Süden die Straße nach Al Katrun abzweigt. Sie ist eine der übelsten, die Libyen zu bieten hat. Nach den Sandstürmen der vergangenen Woche ist sie jedoch relativ zahnlos (siehe Bild). Gegen Abend kommen wir nach Katrun, wo wir im italienischen Fort von Mohammed Taher unser Lager aufschlagen. Mohammed, der hier eine Reiseagentur betreibt, erledigt gegen Entgelt die komplizierten Ausreiseformalitäten (pro Person 25, pro Fahrzeug 10, abzüglich Kaution für das Kennzeichen 25 LD). Die Übernachtung im Fort ist obligat und kostet 15 pro Person und 5 LD pro Fahrzeug. Hat er uns voriges Jahr noch das Abendessen spendiert, traut er sich heuer 50 EUR für 6 Portionen zu verlangen! 6 Portionen? Ja, richtig gelesen. Noch vor dem Abendessen verlässt uns Bedu. Er ist schon mächtig im Stress, weil er übermorgen in Zuara eine neue Reisegruppe übernehmen muss. Der Abschied ist herzlich, denn wir haben uns recht angefreundet mit ihm. Als Geschenk erhält er eine CD mit den Fotos, die wir bisher gemacht haben. Außerdem wird er von Martin auf arabisch verabschiedet: Ya nahabibu. Af shukr lil djaula wa a da lil fil Libya. Anta nuhibbu wa namalu, an ahbabta ar rihlana. Ahlan wa sahlan fil nemsa. Fil nemsa yudjad shai, asir wa bira. Itha auta marid, indana at tabibun djaiyidun wa dawa. Al-an ithab fil shamal wa uktub al e-mail. Ila al-liqa. Km 385/3.934.

 

Dienstag, 7. Februar 6, Tag 16

Während Mohammed die Ausreiseformalitäten erledigt, haben wir Zeit, einen Reifen reparieren zu lassen, unsere Fahrzeuge zu säubern und Wäsche zu waschen. Als wir unsere Autos beim Zoll vorgeführt haben und unsere Papiere erhalten haben, ist es bereits 13 Uhr. Zunächst geht die Fahrt nach Tajari, wo sich, ca. 250 Kilometer vor der nigrischen Grenze, die letzte Tankstelle für 1.300 Kilometer befindet. Wir füllen alle Tanks und Kanister randvoll, melden uns vorschriftsmäßig bei der Polizei am südlichen Ortsausgang und verlassen dann die Zivilisation. Die weitere Strecke ist zunächst sandig und wir müssen kräftig Reifendruck ablassen. Nun ist sie gut befahrbar. Der Abend ist wegen des starken und kalten Windes ein wenig ungemütlich. Heute wird gemeinsam gekocht: Es gibt gebratene in Salz eingelegte Auberginen mit Bratkartoffeln und Tomatensalat. Das Wort des Jahres wird kreiert: Chaos-Cookinkg. Km 114/4.078.

Mittwoch, 8. Februar 6, Tag 17

Es will nicht wärmer werden: In der Früh zeigt das Thermometer 5 Grad! Am Vormittag finden wir am Fuße eines Hügels eine aus Steinen gelegte Schrift. Eine Sure aus dem Koran? Eine Grabinschrift? Erst ein Blick vom Hügel hinunter lüftet das Geheimnis: Auf dem Kopf stehend ist zu lesen: Gerti & Fredi. Ganz in der Nähe finden wir sehr schöne Steine und Blitzröhren. Weiter geht es zunächst über sandig-steiniges Gelände, bis wir endlich die neue Piste nach Tummo erreichen. Sie ist knapp zehn Meter breit und recht glatt, so dass wir hier gut vorankommen. An manchen Stellen ist sie mit Betoneisen und Steinen recht eigenartig markiert. Die letzten 30 Kilometer vor der Grenze sind asphaltiert, wobei wir es recht ungewöhnlich finden, dass die Asphaltierungsarbeiten von Süd nach Nord stattfinden. Umgekehrt könnte man das Material auf der bereits asphaltierten Straße bequem anliefern. 

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