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Übersicht 4. Etappe

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Chinesische Seidenstraße

Montag, 17. November 14, Tag 16/110: Lanzhou

In Pingliang halten wir nur kurz zu einer Jause mit Blick auf den Kongtong Shan, einen markanten Berg mit mehreren Klöstern. Da ich ein wenig kränklich bin, juckt mich weder die Fahrt mit dem Sessellift bei knapp über null Grad, noch die Wanderung von der Bergstation zu den Klöstern. Es folgt eine zirka 100 Kilometer lange Fahrt auf der Regionalstraße, da der Expressway noch nicht fertig ist. Sie führt über einen 2.400 Meter hohen Pass, wo auf den Nordhängen ein wenig Schnee liegt. Eigenartiger Weise ist die folgende Hochebene fruchtbarer als die tiefer gelegene Gegend vorher. Teilweise ist sogar der Saatmais noch nicht abgeerntet. Auch wenn Li keine rechte Freude hat, geben wir uns eine Stadtrundfahrt durch Lanzhou, eine Zweimillionenstadt. An der Peripherie werden ganze Stadtviertel für zehntausende Menschen neu gebaut; kein Haus weist weniger als 25 Stockwerke auf! Der Verkehr, natürlich kommen wir zur besten Stoßzeit, ist enorm. Am Ufer des Gelben Flusses befinden sich riesige hölzerne Wasserräder, Nachbildungen von Bewässerungsanlagen. Der Tempel der Weißen Pagode (N36.068339 E103.814469) am Nordufer des Flusses ist zur Zeit wenig imposant, da der Turm zur Renovierung eingerüstet ist. An der Stadtausfahrt finden wir dann endlich eine Tankstelle, die Winterdiesel verkauft. Wir übernachten in einer Kleinstadt etwa eine Stunde nach Lanzhou. Km 700/3.811/30.094.

Unsere Route entlang der Chinesischen Seidenstraße.  

Dienstag, 18. November 14, Tag 17/111: Wuwei, Zhangye

In Wuwei fahren wir durch das Südtor in die Innenstadt und sehen uns den zweistöckigen Tempel an, der neu neben die Kumarajiva-Pagode gebaut wurde. Er besticht durch besonders kräftige Farben, um den Tempel umlaufende Säulen und große goldene Kugeln an den Ecken. Ein weiterer wunderschöner buddhistischer Tempel liegt am Nordrand der Stadt in einem Kloster, der aus der Ming-Dynastie stammende Haizang-Tempel. Wir wollen eben eine Eintrittskarte lösen, als wir von einem Mönch mit freundlicher Geste an der Kassa vorbei gewunken werden. Die Farben des Tempels sind schon verblasst und die vielen Statuen in seinem Inneren verstaubt, doch vielleicht macht gerade das seinen Reiz aus. Zu unserer besonderen Überraschung finden wir hinter dem vorletzten Tempelbau eine mehrere Meter hohe goldgelb in der Sonne glänzende Statue von Avalokiteshvara, dem Gott mit den vielen Armen. Li ist ausgesprochen guter Laune, weil auch ihm beide Tempel gut gefallen und er sie nicht kannte, obwohl er schon mehrmals in der Stadt war. Weil die Maut auf den Autobahnen relativ teuer ist, ist meist wenig Verkehr, die nähere Umgebung von großen Städten ausgenommen. Oft gilt für den rechten Fahrstreifen 60 als Mindest- und 80 als Höchstgeschwindigkeit, für den mittleren Fahrstreifen 80/100 und 100/120 für den linken. Wer also 100 fährt, benützt den linken Fahrstreifen, wer mit 120 überholen will, muss daher rechts überholen. Je mehr Autos fahren, desto mehr wird der Fahrstreifen gewechselt, der eine wird links überholt, der nächste rechts, wie es gerade passt. Seit Lanzhou ist die Autobahn nur zweispurig, es ist 120 auf beiden Fahrstreifen erlaubt und es gilt das Rechtsfahrgebot wie bei uns. Das macht das Fahren wesentlich entspannter. Wir haben nun zur linken das angezuckerte Qinlian-Gebirge und zur rechten eine Hügelkette. Wo nicht bewässert wird, ist Halbwüste: Wir sind wieder in der Gobi. Bald begleitet uns die Chinesische Mauer, oder eher besser gesagt: Kümmerliche Reste von ihr. In Zhangye sehen wir uns die mit 35 Metern größte liegende Buddhastatue und den gleich daneben befindlichen Weißen Stupa an. In einem Park, in dem sich die Hölzerne Pagode befindet, turnen die Menschen an allerlei fix aufgestellten Fitnessgeräten. Nun geht es zum etwa 30 Kilometer südlich der Stadt gelegenen Danxia-Geopark, in dem der Sandstein der Berge Muster in den schönsten Farben bildet. Den Abschluss des Tages bildet ein kleines Service am Zerberus: Ein Rücklicht ist durchgebrannt, der Dieselvorfilter muss schon wieder gewechselt werden, weil er leckt, ein Reifen hat Druck verloren. Die Chinesen sind sehr neugierig, bleiben in nächster Nähe stehen und sehen zu. Ein Wohnmobil haben sie wohl hier noch kaum je gesehen. Einer öffnet sogar die Autotür, schaut ins Innere und versteht gar nicht, dass ich ihn wie wild anbrülle. Unverhohlene Neugier ist hier keine schlechte Eigenschaft, sondern man demonstriert damit dem Fremden sein Interesse. Km 460/4.270/30.554.

 

Mittwoch, 19. November 14, Tag 18/112: Jiayuguan

Wir sind vielleicht zwei Stunden unterwegs, als plötzlich wieder der Turbo ausfällt und der Zerberus Leistung verliert. Ich halte gar nicht an, sondern fahre weiter, so schnell der Wagen halt kann, das sind 80 auf der Ebene und bei Steigung entsprechend weniger. Wir haben nun zwei Möglichkeiten: Erstens wieder in eine Werkstatt mit der Aussicht, auf ein Ersatzteil aus der Heimat warten zu müssen, wobei niemand weiß, wie lange das dauern kann. Zweitens weiter fahren so weit es geht. Wir müssen halt damit rechnen, dass das Auto die Pässe im Himalaya nicht schafft, noch dazu, wo da ja die Luft recht dünn wird. Und wenn's nicht mehr geht, improvisieren. Bei beiden Optionen kommt erschwerend dazu, dass wir am 1. Dezember China verlassen müssen, für jeden Tag darüber würde uns Li's Agentur über 300 Euro berechnen. Wir entscheiden uns für Variante 2 und haben deshalb eine längere Diskussion via Li mit dessen Chef, der ja mehrmals täglich von Li per SMS über den Reiseverlauf informiert wird, und der möchte, dass wir eine Werkstätte ansteuern. Mit der Idee, dem Gebrechen könnte eine Bagatellursache zu Grunde liegen, halte ich an, überprüfe alle Schrauben und Befestigungen von Schläuchen und Kabeln. Ja und wirklich: auf einmal fährt die Kiste wieder mit voller Kraft, lediglich die Motorkontrollleuchte zeigt noch eine Störung an, doch auch sie erlischt im Lauf des Vormittags. Aufatmen. In Jiayuguan sehen wir uns bei eisigem Wind die Festung an, die wirklich sehr beeindruckend ist: Vor dem Panorama schneebedeckter Berge thronen über den Mauern drei chinesische Tempel. Obwohl Li unruhig ist und dauernd auf die Uhr sieht, wollen wir uns noch die beiden Signaltürme etwas außerhalb der Stadt ansehen, die als das Ende der Chinesischen Mauer angesehen werden. Hier fühlen wir uns echt geneppt: Das Gelände ist großräumig abgesperrt. Man muss Eintritt bezahlen, dann noch eine Buskarte lösen, da man nicht mit dem eigenen Auto einfahren darf, und schließlich gibt es außer einem Blick in einen tief eingegrabenen Fluss und einem kleinen Museum nichts zu sehen. Wo sind nur die Signaltürme? Auf der Weiterfahrt werden wir von Li, der zahlreiche SMS mit seinem Chef wechselt, wiederholt gedrängt, den Zerberus in Dunhuang in die Werkstätte zu bringen, da danach nur mehr sehr eingeschränkte Möglichkeiten einer Reparatur bestünden. Doch wir sind überzeugt, das bringt nichts. Entweder ist wirklich nur ein Stecker locker, dann fahren wir mit dem Turbo noch bis Kanada, oder es liegt was Gröberes vor, dann kann die Werkstatt ohne Ersatzteil wohl nichts machen. Die Autobahn verläuft parallel zu einem Hochgeschwindigkeitsbahngleis und mehreren Hochspannungsleitungen durch die deswegen nicht recht stimmungsvolle Wüste Gobi. Wir übernachten in Dunhuang am Rand der Sanddünen und sind bald in der Heia, denn beide fühlen wir uns grippig. Km 669/4.939/31.223.

 

Donnerstag, 20. November 14, Tag 19/113: Dunhuan

Susi geht es heute wieder besser, mir nicht. Es ist aber keine Grippe, sondern eine Angina, die mich beeinträchtigt. Es trifft sich gut, dass heute kein Fahrtag ist. Am Vormittag sehen wir uns die Mogao-Grotten an (Ticket Office N40.160959 E94.766676), die ein wenig außerhalb von Dunhuan in der Wüste gelegen sind. Hier wurden ab dem vierten Jahrhundert über etwa tausend Jahre mehr als 4.000 Höhlentempel angelegt. Wir besuchen im Rahmen einer Führung einige dieser Tempel, in denen sich jeweils mehrere Statuen von Buddha und seinen Schülern befinden, die, ebenso wie Wände und Decken reich und bunt bemalt sind. Der Höhepunkt der unglaublichen Anlage ist ein 30 Meter hoher sitzender Buddha, dem man zum Schutz vor der Witterung einen mehrstöckigen Tempel vorgebaut hat. Nach einem Genesungsschlaf schlendern wir am Nachmittag durch die Dünen zum Mondsichelsee. Eine hoch perverse Angelegenheit: Nicht nur, dass man reichlich Eintritt bezahlen muss, um zu den Dünen zu gelangen, so führt ein Gehweg durch die Dünen, damit man nur ja keinen Sand in die Schuhe kriegt. Wer auf die Dünen steigen will, borgt sich grellorange Schuhsäcke aus, die unter dem Knie zugebunden werden und den selben Zweck verfolgen. Zum leichteren Aufstieg hat man an mehreren Stellen Aufstiegshilfen in Form einer auf die Dünen gelegten Strickleiter angebracht. Man kann die Dünen auch per Kamel, Quad, Schi, Surfbrett, ja sogar Paragleiter oder Hubschrauber erkunden. Abendessen gibt's auf dem Nachtmarkt. Wir kaufen uns an einem Stand Fleischspieße, werden zum Essen aber ins Lokal gebeten. Da sitzt schon eine fröhliche Runde Chinesen, die uns zuprosten und im nächsten Moment haben wir einen Becher grauslichsten Schnaps vor uns stehen. Nein, eigentlich ist er ja noch nicht grauslich. Erst hinterher. Er erinnert entfernt an Grappa und hat, wie wir gestern in einem Spirituosengeschäft gesehen haben, zuallermindest 48 % Alkohol. Die gastfreundlichen Chinesen geben uns noch einen von ihren Spießen und schenken beim Schnaps nach. Als der beginnt, grauslich zu werden, treten wir den Rückzug an, bevor wir noch mehr von dem Zeugs trinken müssen. Km 67/5.006/31.290.

 

 

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