Zurück in die Innere Mongolei und nach Peking

Übersicht 4. Etappe

Weiter zur Chinesischen Seidenstraße

Zentralchina

Dienstag, 11. November 14, Tag 10/104: Taiyuan

Heute lüftet sich das Geheimnis, warum in Peking so wenig Verkehr ist: Wegen des Asien-Pazifik-Gipfels mit allen nur denkbaren Putins und Obamas ist Peking innerhalb der 6. Ringstraße abwechselnd je einen Tag für Fahrzeuge mit geraden bzw. ungeraden Nummern gesperrt. Daher sind nur etwa halb so viele Fahrzeuge wie sonst unterwegs. Wir kommen daher rasch durch die Stadt und fahren, reichlich Geld an Mautstellenkassiere verteilend, nach Südwesten durch die Provinzen Hebei und Shanxi. Zunächst geht es durch eine auf zirka 40 Metern Seehöhe gelegene Tiefebene. Der Smog ist gewaltig und innerhalb der Dunstglocke hat es in der Früh schon bis zu 16 Grad. Als wir zwischen Shijiazhuang und Taiyuan das Taihang-"Gebirge" überqueren - die Passhöhe liegt knapp unter 500 Metern - fällt das Thermometer auf 7 Grad. Kurz haben wir Blick auf ein unspektakuläres Stück der Chinesischen Mauer, sonst geht es durch graubraun-farblose Landschaft. In Taiyuan machen wir einen kurzen Fotostopp an der Zwillingspagode und sehen uns den wirklich tollen Chongshan-Tempel an. Er ist in der Altstadt gelegen und es erfordert einige Mühe, den Zerberus bei allerlei Gegen-, Kreuz- und Querverkehr durch die engen Gassen zu bringen. Auch Li, der den Tempel noch nicht kannte, ist begeistert. Das Hauptgebäude stammt aus der Ming-Dynastie, weitere Gebäude wurden bzw. werden sehr geschmackvoll restauriert. Um unseren Mittagshunger zu stillen, halten wir an der Essmeile Shipin Jie (N37.867979 E112.555897), wo einem hunderte Restaurants und Stände (Taiyuan hat 2,9 Millionen Einwohner) den Mund wässrig machen. Zugegebener Maßen kommen wir nicht weit, da wir bald in einem Lokal einkehren, in dem man aus einer Vielzahl von Spießen wählen kann, die dann frittiert werden: Fleisch, Wurst, Fisch, Gemüse, Salat, Nudeln, Pilze, Tofu, Eier und reichlich unbekannte Sachen. Beim Essen schmeckt dann jeder Bissen anders. Außer man hat wie ich die scharfe Soße bestellt. An der Essmeile gibt es natürlich auch Schweinefüße, die unter anderem aus Österreich importiert werden. Hier werden sie gegrillt, gelten vielleicht nicht gerade als Delikatesse, werden aber, weil billig, gerne gegessen. Raus aus der Stadt geht es dann ziemlich zäh und so kommen wir reichlich spät zum Jin-Ci-Tempel, der selbst wenig spektakulär ist, aber in einem wunderschönen Park mit See, Pavillons und Wandelgängen gelegen ist. Schon bei Dunkelheit erreichen wir Pingyao, wo wir auf einem Parkplatz vor dem Südtor nächtigen. Km 654/2.196/28.481.

Mittwoch, 12. November 14, Tag 11/105: Pingyao

Pingyao ist  bekannt für seine Altstadt, die von einer sechs Kilometer langen Stadtmauer mit zahlreichen Befestigungstürmen und vier gleich aussehenden Stadttoren umgeben ist. Das besondere ist, dass die Altstadt nicht nur noch zur Gänze erhalten, sondern auch noch bewohnt ist, angeblich sollen 30.000 Menschen darin leben. Daher wurlt es nicht nur von Touristen, sondern auch von Einheimischen, die vor allem mit Fahrrädern, Elektromopeds und Mini-Elektrobussen unterwegs sind. Man kann die Stadtmauer und die vier Tortürme besteigen, den Konfuzius- und den Tao-Tempel, sowie unzählige Häuser besichtigen. Eine katholische Kirche befindet sich, im Gegensatz zu den prächtigen Tempeln, in ziemlich ärmlichem Zustand. Es gibt auch reichlich Restaurants und Bars; was wir allerdings vermissen, ist ein gemütlicher Gastgarten. Km 0/2.196/28.481.

 

Donnerstag, 13. November 14, Tag 12/106: Hukou-Falls

Habe ich schon seit langem unsere Wohnmobilheizung nicht mehr erwähnt, so liegt das daran, dass sie seit der letzten Reparatur in Ulan Bator einwandfrei funktioniert hat. Doch das ist nun Geschichte, denn sie hat in den frühen Morgenstunden ihre Tätigkeit ohne Vorwarnung eingestellt. Von Pingyao geht es südwärts bis Linfen, wo wir nach Westen schwenken und ein Sandsteingebirge überqueren. Überall haben sich Flüsse und Bäche tief eingegraben. Dazwischen wurde praktisch jeder Hang terrassiert, um Fläche zu gewinnen. Bei weitem überwiegen herbstlich braune Farbtöne, nur selten ist ein grünes Feld zu sehen. Bald erreichen wir den Gelben Fluss, dessen Name daher kommt, dass er sehr viel Sand transportiert und daher sein Wasser gelb-braun ist. An vielen Stellen wird dieser Sand gewonnen. Da die Regenzeit schon eine Weile vorüber ist, führt der Fluss nur wenig Wasser und der Hukou-Wasserfall ist nur wenig spaktakulär. Sehr aufregend sind allerdings die Eintrittspreise in Höhe von 13 Euro p.P. Als die Temperatur am Nachmittag ihr Tagesmaximum erreicht, machen wir Halt, um die Heizung zu repariern. Es dauert zwei Stunden, bis das Ding augebaut, zerlegt, gereinigt, zusammen- und wieder eingebaut ist. Die Mühe hat sich gelohnt: Die Heizung funktioniert wieder. Zumindest bläst es im Testlauf warm raus. Auf der Weiterfahrt diskutieren wir, ob wir heute noch nach Xi'an fahren wollen, oder vorher übernachten wollen. Die Diskussion erübrigt sich, als der Zerberus ganz plötzlich einen Leistungseinbruch hat und nur mit Mühe ein kleines Bergerl schafft. Eigentlich alles klar: Dieselfilter verstopft. Wir verlassen die Autobahn und ich wechsle den Vorfilter, der üblicher Weise früher voll ist als der Hauptfilter. Nach kurzen Fahrt sehen wir, dass sich nichts verändert hat. Ich wechsle auch noch den Hauptfilter, doch auch das bringt keine Besserung. Wir müssen in eine  Werkstätte. Wir fahren nun auf der Wald-und-Wiesen-Regionalstraße Richtung Xi'an, doch bald ist es dunkel. Wir übernachten in Huanling, einem Städtchen mit riesiger Raffinerie, und hoffen, dass wir es morgen noch bis Xi'an schaffen, es sind immerhin 150 Kilometer Luftlinie. Km 465/2.662/28.946.

Freitag, 14. November 14, Tag 13/107: Huanling

Ich erwache, weil es eisig kalt im Auto ist. Wie kann das sein? Ja richtig, ich hab irgendwann in der Nacht die Heizung abgeschaltet, weil es so heiß war. Ich schalte sie wieder ein, das Gebläse startet und schaltet sich gleich drauf wieder ab. Susi hat es auch gehört. Sie lässt im Halbschlaf einen verzweifelten Seufzer los. Ich breite eine weitere Decke über uns aus und schlafe wieder ein. Als ich wieder wach werde, ist es halb acht. Mist! Ich habe vergessen, den Wecker zu stellen, und wir sind um sieben mit Li verabredet. Ich muss ihn anrufen, er macht sich bestimmt schon Sorgen. Doch das Telefon funktioniert nicht. Dann nach ein paar Minuten doch. Ich entschuldige mich und sage ihm, wir brauchen noch eine halbe Stunde. Da es so kalt ist im Auto, will ich den Motor laufen lassen. Doch der Zerberus springt nicht an. Das Thermometer zeigt minus fünf Grad. Wie es scheint, ist der Diesel eingefroren. Das erklärt auch, warum die Heizung nicht funktioniert. Ich treffe mich kurz mit Li, um ihm die Situation zu erklären. Den Vormittag verbringen wir im Auto und immer, wenn die Temperatur um ein halbes Grad gestiegen ist, mache ich ein paar Startversuche. Aber es tut sich genau gar nichts. Zwischendurch versuche ich, eine Heizkanone aufzutreiben. Vergeblich. Es ist ein schöner Tag, die Sonne hat Kraft und lädt die Autobatterie, so dass ich wirklich sehr oft starten kann. Bis auf Feuer unter dem Auto Machen versuche ich alle mir bekannten Tricks, wärme die Dieselfilter, schütte sogar heißes Wasser über den Motor. Doch er springt einfach nicht an. Um halb eins hat es zwölf Grad und es tut sich noch immer nichts. Langsam kommen mir Zweifel, ob ich mit meiner Diagnose wirklich richtig liege, oder ob die Sache nicht mit dem Leistungsverlust von gestern zusammenhängt. Nach einem letzten frustranen Startversuch entscheide ich, einen Abschleppwagen zu organisieren. Wir finden auch gleich jemanden, der einen hat, aber der ist grad unterwegs. Ich gebe bekannt, dass der Zerberus 6 Meter lang ist und 4 Tonnen wiegt. Daraufhin kommen zwei Burschen mit einem Rollmeter mit zum Zerberus, messen Länge und Höhe ab, um dann mitzuteilen, dass er zu schwer für den Abschleppwagen ist. Einer der Burschen ist angeblich Mechaniker und sagt, er kann den Motor reparieren, er hätte auch ein Diagnosegerät. Er sagt, ich soll ihn mal zu starten versuchen und - einfach nicht zu glauben - der Motor springt an. 13 Uhr 30, 14 Grad. Nun aber hurtig auf nach Xi'an! Hurtig geht natürlich nicht, denn der Motor hat noch immer keine Leistung; sobald es ein bisschen bergauf geht, kommen wir fast zum Stehen. Wir entscheiden uns trotzdem für die Autobahn, die, wieder durch Sandsteinterrassen, zum Großteil bergab verläuft, Xi'an liegt fast 1.000 Meter tiefer. Eine Stunde vor Feierabend erreichen wir die Mercedes-Werkstätte (N34.30573 E109.04614). Wir werden nobel von zwei Herren im dunklen Anzug begrüßt. Das war's dann aber auch schon. So knapp vor Feierabend geschieht nichts mehr, nicht einmal ans Diagnosegerät wollen sie das Auto anschließen. Morgen also! Das Wochenende ist in China nicht heilig, es wird auch samstags und sonntags gearbeitet. Wir wollen aber nicht hier übernachten, sondern den Abend dazu nützen, zur Terrakotta-Armee rauszufahren, die dann morgen in der Früh besichtigen und gegen Mittag in die Werkstatt kommen. Die Terrakotta-Arme liegt etwa 40 Kilometer östlich von Xi'an. Auf dem Weg dorthin fahren wir durch ein Stadtviertel, das stark an Las Vegas erinnert: tausende Laternen, grelle Leuchtreklame, riesige Hotels. Als wir unterwegs kurz einkaufen gehen, finden wir weder Butter noch Margarine im Geschäft. Li erklärt uns, dass Chinesen weder das eine noch das andere essen, weshalb es beides nicht zu kaufen gibt, ausgenommen vielleicht in ganz speziellen Läden. Natürlich haben wir heute mehrmals versucht, Winterdiesel zu bekommen, aber den gibt es noch nicht. Hier in Xi'an soll es in den nächsten Tagen noch keinen Frost geben. Km 243/2.905/29.189.

Samstag, 15. November 14, Tag 14/108: Terrakotta-Armee

Über die Terrakotta-Armee kann ich nicht viel schreiben, da fehlen mir die Worte. Wenn ich sage, es war phänomenal phantastisch, einfach der volle Wahnsinn, so ist das noch die totale Untertreibung! Nach drei Stunden Besichtigung reißen wir uns los und fahren wieder in die Werkstätte. Dort wird der Zerberus gleich an den Diagnose-Computer gehängt. Mein Verdacht, der Turbo könnte kaputt sein, bestätigt sich. Ein Ersatzteil ist in China nicht lagernd, der normale Bestellweg über die Werkstätte dauert einige Wochen. Das Teil muss also aus Österreich geschickt werden, das geht frühestens am Montag und wird auch im günstigsten Fall einige Tage dauern. Wir sitzen also eine Woche hier fest, wie es aussieht. Der Mechaniker bietet aber an, um 70 Euro den Turbo auszubauen, zu zerlegen und wieder einzubauen, die Diagnose war ohnehin kostenlos (liebe Grüße an meine Mercedes-Werkstatt in Linz!). Aber es gibt natürlich keine Gewähr, dass dann der Turbo wieder funktioniert. Das riskieren wir natürlich. Nach der Aktion leuchtet die Motorkontrolllampe nicht mehr, aber der Diagnosecomputer ist noch bei weitem nicht zufrieden. Wir machen daher eine Probefahrt und dabei zeigt sich schon auf den ersten paar hundert Metern, dass der Zerberus wieder die Sau und 184 Pferde rauslässt. Hurra, die Reise kann weitergehen! Nach fünf Stunden in der Werkstatt ist die Rush Hour in vollem Gang. Das ist nichts für schwache Nerven! Als wir das Stadtzentrum von Xi'an erreichen, ist es bereits dunkel. Glockenturm und Trommelturm sind wunderbar beleuchtet. Wir machen einen Spaziergang durch das muslimische Viertel samt Basar, wollen uns die Große Moschee ansehen, doch die ist geschlossen, sollte eigentlich bis 21 Uhr offen sein. Wir schlendern durch den Nachtmarkt mit seiner Fressmeile, wo das Leben pulsiert, wie man so sagt, und werfen uns abwechselnd Süßes, Saures und Scharfes rein. Es ist schon reichlich spät, als wir uns auf Nachtplatzsuche machen. Ich finde in meiner GPS-Punkte-Sammlung einen, gar nicht weit weg und recht ruhig. Li ist begeistert. Km 60/2.965/29.249.

Sonntag, 16. November 14, Tag 15/109: Xi'an

Nach einem kurzen Besuch bei der Kleinen (N34.240546 E108.936241) und der Großen Wildganspagode, die in Parks stehen, in denen in Gruppen zu langsamer Musik getanzt wird, fahren wir zum taoistischen Tempel der Acht Unsterblichen (N34.265929 E108.975151). Er liegt inmitten eines Gewirrs von schmalen Gässchen, in denen es sich staut, weil Leute mit eigentlich zu großen Autos durch wollen. Rund um den Tempel wird stapelweise, ja sogar kartonweise, Falschgeld verkauft. Es wird in eigens dafür vorgesehenen Wannen vor dem recht hübschen Tempel zum Totengedenken verbrannt. Es gibt aber auch Papierkleidung, Papierschuhe, Goldbarren, Autos und Häuser aus Karton zu kaufen, auch das wird verbrannt. Wir kaufen natürlich ein paar Bündel Falschgeld als Souvenir, was Li nicht besonders gefällt, weil er fürchtet, es könnte uns allen Unglück bringen. Ich verspreche ihm, zu Hause einen Teil des Geldes im Gedenken an die Verstorbenen zu verbrennen. Dem Tempel gegenüber befindet sich der "Antiquitäten"-Markt (N34.265003 E108.975313), auf dem es eine Menge alt aussehender Dinge zu kaufen gibt, die allesamt aber eines nicht sind: alt. Auf Empfehlung des Reiseführers fahren wir noch zum Mausoleum des Kaisers Jingdi, eine Top-Sehenswürdigkeit, wo "es nur wenige Besucher gibt". Doch schon von der Autobahnabfahrt staut es sich wie wild, weil tausend Chinesen auch da hin fahren. Das Mausoleum ist dann aber schwach besucht, die meisten spazieren herum oder picknicken. Die vielen Autos auf dem Parkplatz bieten eine tolle Gelegenheit, Automarken zu studieren. Neben vielen VW, Audi, BMW und anderen bei uns reichlich bekannten Marken, gibt es auch eine Vielzahl von Marken, die man bei uns nicht kennt (siehe Foto!).  Die Grabanlage beherbergt eine Vielzahl von tonernen Figuren, die ein klein wenig an die Terrakotta-Armee erinnern, aber weder an Zahl noch an Detailreichtum bei weitem nicht an sie herankommen. Auch auf dem Rückweg staut es sich wieder über eine Stunde. Da mag man sich fragen, warum wir uns das antun. Die Antwort ist einfach: Ab dem Zeitpunkt, wo wir daran denken, umzukehren, gibt es keine Möglichkeit mehr dazu, da die Straßen Einbahnen sind. Erst bei Dämmerung erreichen wir Tiang Ling, das Grab der einzigen Kaiserin der Tang Dynastie. Es befindet sich auf einem Hügel, zu dem eine von zahlreichen Granitfiguren gesäumte Prachtstraße führt. Wir übernachten in der nächsten Kleinstadt, Qianxian. Zum Abendessen landen wir in einem recht teuren Fischlokal. Km 145/3.111/29.394.

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